In unserer Serie „Stuttgart von oben“ blicken wir auf den Unicampus in Stuttgart-Vaihingen: Zwischen den Blöcken des Wohnheims Pfaffenwaldring leuchtet das Kupferdach der Sternwarte hervor.

Vaihingen - Im Jahr 1934 wurde die Sternwarte neben dem Pfaffenhof, einem ehemaligen Landhof, von dem Privatmann Hermann Fellmeth in Auftrag gegeben und von der Flaschnerei Egeler gebaut. Weit weg von der nächsten Großstadt müsste die Sicht auf Mond, Sterne oder die Milchstraße ausgezeichnet gewesen sein. Zumal die Lage in einer Senke, durch den Wald abgeschirmt von den Lichtern Stuttgarts, optimal gewählt war. Für den ungetrübten Blick in den Nachthimmel sorgten zwei Teleskope. Eines davon ist eine Rarität: Das Schupmannsche Medialteleskop wurde nur fünf Mal überhaupt gebaut.

 

Auch wenn sich die Umgebung der Sternwarte vollkommen verändert hat – die Universität scheint um den kleinen Turm herum gewachsen zu sein – beide Teleskope sind geblieben. Das Medialteleskop feiert in diesem Jahr sogar seinen hundertsten Geburtstag. „Damals wurde eine spezielle Technik angewandt, um Farbungleichheiten auszugleichen. Vor 100 Jahren bot es beste Möglichkeiten. Leider hat sich die Technik nicht durchgesetzt“, bedauert Christoph Arndt vom Arbeitskreis Astronomie, der die Sternwarte betreut.

Nach dem Tod des Eigentümers drohte die Sternwarte zu verfallen

Als der Eigentümer Fellmeth, ein führender Mitarbeiter der Firma Bosch und Hobbyastronom, 1948 starb, fühlte sich niemand für die Sternwarte zuständig. Sie drohte zu verfallen. Professor Rudolf Wienecke, der Leiter des Instituts für Plasmaforschung an der Uni Stuttgart, sorgte dafür, dass sie in den Besitz der Universität überging. „Man wollte eigentlich ein astronomisches Institut aufbauen, aber nachdem Wienecke nach München zog, war die treibende Kraft weg“, sagt Arndt.

Inzwischen wuchs die Universität Stuttgart weiter; immer neue Gebäude entstanden auf dem weitläufigen Campus, aus Feldwegen wurden Straßen; die Studenten benötigten eine Bleibe; zahlreiche Wohnheime entstanden. Erst in den Siebzigern gründete sich der Arbeitskreis Astronomie. Zu Beginn seines Physikstudiums schloss sich Christoph Arndt begeistert an, fand eine zweite Heimat im gemütlichen Gebäude, das im ersten Stock mit einem Aufenthaltsraum versehen ist. Im Obergeschoss befinden sich die mächtigen Teleskope. Führungen, Praktikumsversuche und eine Vorlesungen werden vom Arbeitskreis angeboten. Auch der Blick nach oben kommt nicht zu kurz, selbst wenn die Lichter Vaihingens und des Universitätsgeländes eher hinderlich sind.

„Jetzt haben wir natürlich nicht mehr optimale Bedingungen. Durch die Universitätsgebäude hat das Streulicht immens zugenommen. Bis vor Kurzem haben wir uns außerdem noch mit einem Gewächshaus auf dem naturwissenschaftlichen Zentrum herumgeärgert, das nachts beleuchtet war. Das ist aber besser geworden“, sagt Arndt. Die Milchstraße kann man so schon seit Jahren nicht mehr sehen. „Aber dafür den Mond und andere Planeten“, erzählt Arndt.

Dank der Kuppelstruktur ist die Sternwarte denkmalgeschützt

Der Physiker ist seiner Leidenschaft für den Nachthimmel auch nach Abschluss des Studiums treu geblieben. Seit nunmehr acht Jahren ist er der Leiter des Arbeitskreises Astronomie und damit der Hausherr des ältesten Gebäudes auf dem Vaihinger Universitätscampus. Die Teleskope liegen ihm am Herzen. Ständig feilt Arndt gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Arbeitskreises daran, wie sie bestmöglich zu erhalten sind, und wie sich Altersprobleme ausgleichen lassen.

Eindrucksvoll sieht es aus, wenn das schwere Kupferdach zur Hälfte beiseite geschoben wird und die zwei weißen Rohre gen Himmel gerichtet werden. Weil die Glaslinsen auch nach Jahren noch fließen können und sich der Blick sonst verzerren könnte, werden sie in der Vertikalen gelagert und können per Hand bewegt werden. Dank der Kuppelstruktur des Kupferdachs ist die Sternwarte außerdem denkmalgeschützt. Sie kann folglich von noch so modernen Universitätsgebäuden eingekesselt werden, „die Uni darf sie nicht abreißen“, sagt Arndt und freut sich.

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