Das neue islamische Zentrum im Gewerbegebiet Wangen lockt Hunderte Besucher an. Dichtgedängt stehen und sitzen die Gläubigen im Hof, als das Minarett eingeweiht wird.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Stuttgart - Es ist das erste Minarett auf Stuttgarter Boden. Es gilt als Zeichen dafür, dass die islamische Gemeinde in der Landeshauptstadt akzeptiert und respektiert wird. 15 Meter ragt der Gebetsturm in den Himmel über dem Wangener Gewerbegebiet und weist den Weg zum sonst recht unscheinbaren Gemeindezentrum.

 

Das Zentrum wurde am Sonntag vor mehreren hundert geladenen Gästen sowie vor Vertretern der Stadtverwaltung und anderer Religionsgemeinschaften und Besuchern eröffnet. Die Kesselstraße in Wangen wurde eigens für die Veranstaltung gesperrt, die eine Art Straßenfest war. Der Hof vor der Moschee war bis auf den letzten Platz gefüllt, und an den Zäunen drängten sich weitere Beobachter.

Verpflichtung, die Werte des Westens zu schätzen

Das Interesse an der Veranstaltung war also groß. Und für die islamische Gemeinschaft Stuttgart und die Vereinigung islamischer Gemeinden der Bosniaken in Deutschland war es ein wichtiger Tag. „Für uns Muslime bedeutet das Minarett das geistige Zurechtfinden im Raum“, sagte Hamza Subasic, der Imam der Gemeinschaft. „Es verpflichtet uns Muslime in Stuttgart aber auch, die Werte des Westens zu schätzen.“ Die Geschichte der Welt sei eine des Zusammenschlusses verschiedener Kulturen und Religionen. „Respekt gegenüber anderen und andersdenkenden sollte selbstverständlich sein“, so Subasic. „Wir haben alle das Bedürfnis, von anderen so anerkannt zu werden, wie wir sind“, sagte Edin Atlagic, der Präsident der islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland. „Hier haben wir nun einen Raum gefunden, unseren Glauben in angemessener Weise zu leben.“

Angemessen, das heiße nicht im Verborgenen, betonte Dekan Klaus Käpplinger von der evangelischen Landeskirche. Deswegen sei es richtig, dass auch die islamische Gemeinde in Stuttgart durch das Minarett von außen erkennbar sei. „So wie der Kirchturm zur Kirche gehört, gehört auch das Minarett zur Moschee“, so Käpplinger.

Islamische Gemeinde feiert ihr 25-jähriges Bestehen

Für die islamische Gemeinschaft Stuttgart, die am Sonntag zudem ihr 25-jähriges Bestehen feierte, war der Tag der Eröffnung der Moschee mit Minarett eine Art Bestätigung. „Von Anfang an haben wir viel Anerkennung erfahren, sowohl von der Stadt als auch von den anderen Religionsgemeinschaften“, sagte Ferid Kugic von der islamischen Gemeinschaft. „Unsere Mitglieder sind absolut integriert in die Gesellschaft“, sagte Hamza Elvir Ibrahimovic von der bosnischen Gemeinde. Generell lebe man hier eine liberale Religion, jeder sei willkommen – auch Angehörige anderer Glaubensrichtungen. Die islamische Gemeinschaft ist eine gemischte Gruppe, zwar sind die meisten bosnischer Abstammung, aber auch Muslime aus Algerien, Äthiopien, Marokko, Serbien, Afghanistan und dem Iran besuchen die Moschee.

„Die Mitglieder der Gemeinde sind hier willkommen“, betonte auch Martin Schairer, der Bürgermeister für Recht, Sicherheit und Ordnung in Stuttgart. „Sie haben sich hier angepasst und gehören dazu, deswegen sind Sie für mich alle Stuttgarter.“ Stefan Ritz, der Leiter des Polizeireviers Ostendstraße, bestätigte das friedliche Miteinander. „Bislang gab es nie Probleme hier, es ist alles ganz entspannt“, sagte er.