Dank glücklicher Zufälle und der Arbeit von Edeltraud John kann nun der Weilimdorfer Heimatdichter Karl Blanz in zwei Publikationen entdeckt werden.

Weilimdorf - Für Gudrun Mönch war Karl Blanz (1880 – 1954) nicht nur „der Karl-Onkel“, sondern auch „der Heimatdichter“. Auf diese Bezeichnung war die Großnichte durchaus stolz: „Er war eine Berühmtheit, und so etwas färbt auch auf die Verwandtschaft ab“, sagt Mönch lachend. Nach dem Tod von Blanz, der im Dorf nur der Karles Karle genannt wurde, weil er bei seinem Großvater Karl und nicht bei der „mit Schande beladenen“, weil ledigen Mutter aufwuchs, ist der lokale Dichterruhm allerdings bald verblasst.

 

Ganz vergessen waren seine Gedichte allerdings nicht. Und als vor Jahresfrist bei einem literarischen Spaziergang eines vorgetragen wurde, kam Gudrun Mönch auf Edeltraud John zu und berichtete, dass sie von einer Kladde mit abgehefteten Gedichten wisse. Damit war Johns Interesse und Spürsinn geweckt und über einige Umwege und Zufälle landete John schließlich bei zwei Enkeln von Blanz, einer in Südamerika lebend. 220 Gedichte aus der Feder „vom Karles Karle“ konnte sie so sichern, vermutet zudem, dass vielleicht noch weitere Blätter auf dem eine oder anderen Dachboden im Ort lagern könnte.

Bis dato unbekannte Autobiografie entdeckt

Darüber hinaus fand John heraus, was einer kleinen Sensation gleichkommt: Es ist nicht nur das Kriegstagebuch von Blanz, in Form von an die Heimat geschickten Gedichten verfasst, im Original erhalten, sondern auch eine bis dato unbekannte Autobiografie. Diese hatte Maria, die Tochter von Karl Blanz, sorgsam aufbewahrt und an einen der beiden Enkel weitergereicht wurde. Edeltraut John hat diese Autobiografie nun ebenso in einem schönen, kleinen Band herausgebracht wie 80 Gedichte aus dem Fundus von Blanz. Und wenn man auch nur ein wenig hineinliest in diese Büchlein, in die John fast ein Jahr Arbeit investiert hat, so versteht man auf Anhieb ihre Begeisterung: „Blanz war kein banaler, selbstverliebter Heimatdichter. Er hat zwar die lokalen Ereignisse liebevoll bedichtet, doch er hat sich weit darüber hinaus Gedanken gemacht. Das schlägt sich auch in den Gedichten nieder“, erklärt John und fügt hinzu: „Er war ein interessanter, wacher Geist.“

Ganz direkt lässt sich das in der nun vorliegenden Autobiografie nachvollziehen, die mit Fug und Recht den Titel „Weil im Dorf vor 100 Jahren trägt“. Denn wenn der Karles Karle darin sein Leben erzählt, dann ist das keine Nabelschau, sondern eng verknüpft mit der Zeit. So entsteht quasi nebenbei eine Art Ortsgeschichte und ein Sittenbild aus einer Zeit, „als Weilimdorf noch ein armes Bauerndorf war“, wie Edeltraut John sagt. So lebendig und anschaulich erzählt, dass man es mit Spannung und mit Gewinn liest. Man nehme einmal, was Blanz 1941 notiert, unmittelbar vor dem Überfall der Wehrmacht auf Russland: „Wann wird die Menschheit einmal vernünftig werden und das Geld für friedliche Zwecke benützen und nicht fürs Morden?“

Der Erlös geht in ein „Dichterbänkle“, das nächstes Jahr, wenn auf dem Alten Friedhof die Ruhezeit für das Grab von Karl Blanz endet, daselbst hingestellt wird: an die stattliche Birke, die aus dem Grab wächst. Margarete Renschler, die Blanz noch „als lustigen, geselligen Kerl“ erlebt hatte, glaubt zu wissen, wie der Karles Karle das Bänkle fände: „Er würde sich freuen und gleich ein Gedicht drauf machen!“