Die C-Klasse ist traditionell die absatzstärkste Baureihe von Mercedes-Benz. Mit dem Modellwechsel sollen nun die Kosten deutlich gesenkt werden. Die Fertigung des alten Modells in Sindelfingen wird eingestellt – stattdessen wird künftig auf vier Kontinenten produziert.

Stuttgart - Am Sonntagabend ist Showtime im Westin Book Cadillac Hotel. In einem Ballsaal der Nobelherberge feiert die neue C-Klasse von Mercedes-Benz noch vor dem Auftakt der Pressetage der Autoshow von Detroit Weltpremiere. Als Stargast wird Aloe Blacc auftreten, der vor einigen Jahren mit dem Hit „I need a Dollar“ berühmt wurde und im vergangenen Sommer mit „Wake me Up“ erneut in die Charts stürmte.

 

Die neue C-Klasse ist die wichtigste Neuheit der Marke mit dem Stern in diesem Jahr. Sie muss ein Renner werden, denn ihr Erfolg ist von entscheidender Bedeutung für Mercedes-Benz. Von keiner Baureihe werden mehr Wagen verkauft. Rund ein Drittel des Mercedes-Absatzes entfiel bisher auf die C-Klasse. Von der letzten Generation dieser Baureihe wurden seit 2007 mehr als 2,2 Millionen Limousinen, Kombis und Coupés verkauft. In den kommenden Jahren soll der Absatz weiter steigen – nicht zuletzt durch zusätzliche Varianten.

Wie immer, wenn eine neue C-Klasse startet, sind die Erwartungen in der Untertürkheimer Daimler-Zentrale sehr hoch. Sie werde „neue Maßstäbe in der Mittelklasse“ setzen, schwärmt Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber. Die Ingenieure haben in den neuen Wagen viel Technik gepackt, die bisher der Oberklasse vorbehalten war. So schwärmt „Auto-Bild“ davon, dass der Wagen „fast eine neue S-Klasse“ sei. Weil viel Aluminium verwendet wird, ist die C-Klasse um bis zu 100 Kilo leichter als die bisherige, was auch zu einem niedrigeren Spritverbrauch beitragen soll. Das neue Modell bietet laut Daimler als erster Wagen seiner Klasse eine Luftfederung und zahlreiche elektronische Helfer, die das Fahren sicherer und komfortabler machen sollen.

Viele Bauteile werden auch für andere Modelle verwendet

Einen „Riesensprung“ hat der Autobauer nach Angaben von Entwicklungsvorstand Weber auch bei der Fertigungseffizienz gemacht. Der Wagen könne deutlich schneller produziert werden als sein Vorgänger, sagt Weber, ohne freilich zu beziffern wie stark die Zahl der Arbeitsstunden pro Wagen gedrückt wurde. Über die ganze Modellpalette hinweg soll die Stundenzahl bis 2015 auf 30 Stunden gedrückt werden, 2007 waren es noch 60 Stunden pro Fahrzeug. Zur Kostensenkung soll ebenfalls beitragen, dass viele Komponenten auch für andere Modelle verwendet werden.

Durch die Verwendung von Gleichteilen und gemeinsamen Modulen, insbesondere beim Fahrwerk sowie bei Motoren und Getrieben seien Kosteneinsparungen in der Größenordnung von 30 Prozent möglich, rechnet Willi Diez, der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen, vor. Dies betreffe vor allem die Entwicklungs-, aber auch die Materialkosten. Diese Einsparungen könnten für eine üppigere Serienausstattung verwendet werden. Damit verbessere sich das Preis-Leistungs-Verhältnis. „Sie wirken sich aber natürlich auch auf die Profitabilität einer Baureihe aus“, erläutert der Wissenschaftler, der einst Daimler-Manager war.

Die Fertigung der neuen C-Klasse soll deutlich rascher als früher hochgefahren werden, und das rund um den Globus. Während die Produktion auf anderen Kontinenten bisher in der Regel erst mit einer gewissen Zeitverzögerung anlief, soll die C-Klasse nunmehr binnen eines halben Jahres auf vier Kontinenten starten, nämlich neben Deutschland auch in den USA, in Südafrika und China. Im Werk in Peking wird, entsprechend der Vorliebe der Chinesen, eine verlängerte Variante produziert. Mit dieser Verteilung kann der Autobauer rascher auf regionale Schwankungen der Nachfrage reagieren und muss die Autos nicht mit dem Schiff um die halbe Welt schicken.

C-Klasse-Produktion in Sindelfingen läuft aus

Für das Werk Sindelfingen bedeutet der Modellwechsel eine Zäsur. Denn mit der neuen Generation wird die Fertigung dieser Baureihe am größten Standort des Autokonzerns eingestellt. Als sich diese Entscheidung im Herbst 2009 abzeichnete, kam es zu heftigen Protesten und wilden Streiks in Sindelfingen, weil die Angst um den Arbeitsplatz umging. Erst als der Vorstand im Dezember für dieses Werk eine Jobgarantie bis 2020 vereinbarte, gaben die Arbeitnehmer den Widerstand schweren Herzens auf, wenngleich der Betriebsrat die Entscheidung weiter für falsch hält. Heute wird die C-Klasse noch in einer Schicht in Sindelfingen produziert. Die Mitarbeiter der Stammbelegschaft sind bereits in andere Montagebereiche gewechselt – viele zur S-Klasse – oder wissen bereits, wo sie arbeiten werden, wenn die C-Klasse ausläuft. Die Zukunft der 400 Leiharbeiter in diesem Bereich ist jedoch offen. Einziger deutscher Standort für die Fertigung der C-Klasse wird künftig das Werk in Bremen sein. Zudem wird die neue Generation erstmals auch im US-Werk Tuscaloosa gestartet, wo bisher Geländewagen vom Band laufen. Der Konzern will damit nach eigenen Angaben unabhängiger von Währungsschwankungen werden.

Die Entscheidung für den Bau des US-Werks fiel 1993. Es war das erste vollständige Pkw-Produktionswerk von Mercedes-Benz außerhalb Deutschlands. Zunächst wurde dort die M-Klasse produziert, später kamen die GL- und die R-Klasse hinzu. Nach dem Produktionsstart der C-Klasse soll dort 2015 zusätzlich eine weitere Geländewagenvariante starten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass dies die Antwort von Mercedes-Benz auf den X6 von BMW sein wird. Für den Ausbau des amerikanischen Werks werden rund 2,4 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) investiert. Die Belegschaft soll von 3000 auf rund 4400 Mitarbeiter aufgestockt werden.

Als im vergangenen Oktober während einer Jubiläumsfeier auf die Standortentscheidung vor 20 Jahren zurückgeblickt wurde, sparte Mercedes-Produktionschef Andreas Renschler, der einst selbst Werkleiter in Tuscaloosa war, nicht mit Lob: „Die Mannschaft ist ein erstklassiges Team, das mit großer Begeisterung erstklassige Fahrzeuge baut“, so Renschler. Der heutige Werkleiter Jason Hoff betonte zugleich, dass die Mitarbeiter in Tuscaloosa keine Konkurrenten der Beschäftigten in Deutschland seien. „Wir haben in all den Jahren Hand inHand mit unseren Kollegen für die gemeinsamen Ziele gearbeitet“, versicherte der Amerikaner – und versuchte damit Bedenken zu zerstreuen, dass das Management nun die Mitarbeiter diesseits und jenseits des Atlantiks gegeneinander ausspielen – und damit die Kosten weiter drücken könnte.