In Stuttgart-Vaihingen wird ein neuer Bezirksvorsteher gebraucht. Wolfgang Meinhardt will Ende Mai 2018 nach gut 13 Jahren aufhören. Bis Anfang 2021 sind stadtweit insgesamt vier solche Stellen zu besetzen. Sie sind schwierig.

Stuttgart - Im Spätherbst soll der Posten des Bezirksvorstehers in Stuttgart-Vaihingen ausgeschrieben, zum 1. Juni 2018 neu besetzt werden. Wolfgang Meinhardt, der am 26. Dezember 63 Jahre alt wird, wird dann in den Ruhestand entschwinden. Nicht alle werden sich deswegen grämen. CDU-Bezirksbeiratsmitglied Uli Bayer zum Beispiel hat vor Kurzem heftig mit Meinhardt gerungen, weil er sich und das Gremium schlecht vertreten fühlte, als es um das Allianz-Bauprojekt an der Heßbrühlstraße ging. Anlass waren Berichte von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, in denen von Meinhardts Auftritt im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik die Rede war.

 

Im Bezirksbeirat gab es danach Ärger, denn Meinhardt hatte vor den Stadträten enthüllt, dass er die pauschale Ablehnung der Ansiedlung durch den Bezirksbeirat für falsch hält. Dass das Gremium damit seine Gestaltungsmöglichkeiten verspiele, während eine schweigende Mehrheit in Vaihingen weitere Arbeitsplätze für wichtig halte.

Zwist um Äußerungen des Statthalters in Vaihingen

Meinhardt bestritt das später aber: Er sei nicht korrekt zitiert worden. Er habe zusammenfassend das Ergebnis einer Bezirksbeiratssitzung wiedergegeben und gar nicht behauptet, dass eine schweigende Mehrheit die Ansiedlung wolle. Er habe nur von einer Familie erzählt, die im Gespräch mit ihm bedauerte, dass der Bezirksbeirat das Bauprojekt ablehne.

Im Stuttgarter Rathaus gibt es anderslautende Aufzeichnungen. Er wolle auch betonen, heißt es da über Meinhardt, dass in letzter Zeit verschiedene junge Familien bei ihm gewesen seien, die sagen, man verstehe den Bezirksbeirat nicht. Warum das Gremium einen Arbeitgeber ablehne, obwohl doch auch die Kinder einmal Arbeit suchen würden und man an die Gewerbesteuer denken müsse. „Das ist die schweigende Mehrheit“, die zu Ausspracheabenden nicht komme, „die aber mittlerweile im Bezirksrathaus aufschlagen und genau dieses fragen“. Und weiter: „Der Bezirksbeirat hat sich durch seine – leider über alle Fraktionen hinweg – generelle Ablehnung die Möglichkeit selber genommen, hier eben noch weiterhin Einfluss zu nehmen.“

Meinhardt einstige Förderer sind nachdenklich geworden

CDU-Bezirksbeirat Bayer stellte in der Folge klar, es stimme einfach nicht, dass das Gremium insgesamt nicht konstruktiv agiere. Es gebe halt kritische Punkte rund um die Ansiedlung von 4500 Allianz-Mitarbeitern, die man lösen müsse. Sigrid Beckmann, SPD-Vertreterin im Gremium, sieht für die zeitweiligen Turbulenzen generell „personenspezifische Ursachen“. Sie jedenfalls habe mit dem Bezirksvorsteher „ein gutes Arbeitsverhältnis“.

Ins Amt gebracht hatten den Parteilosen 2004 die CDU und die Grünen. 32 von 61 Stimmen entfielen damals auf den studierten Gymnasiallehrer und damaligen Abfallberater bei der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Den Grünen gefiel, dass er aus Vaihingen stammte, dort bestens vernetzt war und ein besonnener Typ zu sein schien, sich zudem sehr für die Partnerschaft mit Melun in Frankreich engagiert hatte. 13 Jahre später sind auch die nicht mehr glücklich, die Meinhardt die Steigbügel hielten. Ursula Marx, damals Grünen-Fraktionschefin in Stuttgart, äußert sich dazu nicht. Eingeweihte sagen aber, sie sei enttäuscht.

Meinhardts menschliche Qualitäten sind weniger umstritten. Unter den Einwohnern sei er beliebt, heißt es zudem. Infrage gestellt wird aber, ob er sich im Amt weiterentwickelt hat. Ob er die Interessen des großen Bezirks wirksam vertritt. Und ob sein Geschick ausreicht, in einem bekanntermaßen schwierigen Bezirksbeirat zu moderieren und Beschlüsse zu erreichen, die in Stuttgart Eindruck machen.

Eigentlich sind Bezirksvorsteher nur weisungsgebundene Beamte

Als Beispiel dafür, wie es funktionieren kann, gilt vielen bis heute der langjährige Möhringer Bezirksvorsteher Jürgen Lohmann, der 2016 aufhörte. Auf der anderen Seite ist Meinhardt ein Beispiel dafür, wie schwer der Balanceakt sein kann. Und ein Balanceakt ist es zweifellos.

Im Prinzip gilt zwar immer noch die Ansage des damaligen Verwaltungsbürgermeisters Klaus-Peter Murawski im Jahr 2004: „Der Bezirksvorsteher ist ein weisungsgebundener Beamter und kein frei schaffender Politiker“; die hauptamtlichen Bezirksvorsteher stehen aber fast genauso im Rampenlicht wie ein gewählter Gemeindebürgermeister oder OB und werden von den Einwohnern wie ein „Schultes“ betrachtet. Anders als die ehrenamtlichen Bezirksvorsteher der Innenstadtbezirke haben sie auch eine kleine Verwaltung zu führen. Diese Posten sind daher wichtig genug, dass die Parteien manchmal darum rangeln. Denn einige Bezirke von Stuttgart könnten veritable Klein- oder Mittelstädte sein, wären sie nicht eingemeindet worden.

Dass irgendwie auch die Verwaltungszentrale in Stuttgart sie für wichtig hält, zeigte gerade die Stellenausschreibung für Botnang, wo Anfang Oktober der zum Ortsvorsteher von Sindelfingen-Maichingen gewählte Wolfgang Stierle (51) zu ersetzen ist. Bald wird es sich in Vaihingen zeigen, danach in Degerloch und Weilimdorf, wo Ende 2018 Brigitte Kunath-Scheffold und Ende 2020 Ulrike Zich gehen werden.