Die neun Frauen des Cannstatter Bastelkreises sind bei der Aktion zum Stuttgarter des Jahres ausgezeichnet worden. Der Erlös der verkauften Sachen – bisher 134 000 Euro – geht an den Förderverein krebskranke Kinder.

Stuttgart - Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich alle zwei Wochen dienstags in Bad Cannstatt trifft. Zum Reden – über Enkelkinder, Urlaube, Männer, Krankheiten – und zum Handarbeiten. Die neun Frauen des Cannstatter Bastelkreises stricken, sticken und häkeln für einen guten Zweck. Seit 25 Jahren spenden sie den Erlös der verkauften Socken, Mützen und Schals an den Förderkreis krebskranke Kinder. Seit 1988 sind rund 134 000 Euro zusammengekommen.

 

Weil die Frauen des Bastelkreises zwar im Verborgenen arbeiten, dafür aber unermüdlich, sind sie mit dem Ehrenamtspreis „Stuttgarter des Jahres“ ausgezeichnet worden. Gemeinsam mit neun anderen Preisträgern wurden sie am 31. März in den Wagenhallen für ihr Engagement gewürdigt. Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung hatten einen Preis ausgelobt, der mit jeweils 3000 Euro dotiert war.

Normalerweise sind ehrenamtliche Helfer heilfroh über jede Unterstützung. Sie werben um neue Helfer und hoffen auf mehr Öffentlichkeit. Beim Cannstatter Bastelkreis liegt die Sache etwas anders: „Wir haben einen Zaun um uns gebaut“, sagte Inge Arnold, als sie auf der Bühne mit den anderen geehrt wurde. „Neuzugänge sind bei uns eigentlich nicht erwünscht.“

Die Geburten von Enkelkindern schweißen zusammen

Das ist mal eine klare Ansage. Zu eingespielt ist das Team um die neun Frauen zwischen 63 und 88 Jahren. Erlebnisse und Einschnitte wie die Geburten von Enkelkindern, Krankheiten und Todesfälle schweißen zusammen. Man kennt sich. Neuzugänge würden sich schwertun. Wer Geburtstag hat, bringt Kuchen oder belegte Brötchen mit; ansonsten ist genau geregelt, wer heißes Wasser für Kaffee oder Tee, Tassen, Zucker und Brezeln mitbringt.

Stefan Nägele, der eine Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht hat und im Vorstand des Förderkreises krebskranke Kinder ist, hat als Pate den Bastelkreis für den Preis vorgeschlagen. Er sagt: „Das Tolle an den Frauen ist, dass sie sich auch für sich selbst engagieren. Sie sind zu einer Familie zusammengewachsen.“ Sie tun also nicht nur etwas für den Förderverein und damit für die Familien von krebskranken Kindern, sondern auch etwas für sich: Sie haben Spaß, wenn sie gemeinsam stricken. Es ist eine lustige und gesellige Runde. Aber wenn sie etwa zweimal im Jahr ins Blaue Haus im Herdweg kommen, wo Eltern von krebskranken Kindern während der Krankenhauszeit übernachten können, gehen ihnen die Schicksale der Familien sehr nah. „Eine Frau hat mir erzählt, dass ihre zwei Kinder hintereinander an Krebs erkrankt sind“, sagt Gisela Kircher.

Ein krankes Kind war auch der Grund, aus dem der Bastelkreis heraus entstanden ist. „In der Radiosendung ,Um Antwort wird gebeten‘ auf SDR eins hat die Mutter eines kranken Kindes um Unterstützung gebeten“, erzählt Gisela Kircher. Die Frau wollte mit den Handarbeiten Geld für den Förderkreis sammeln. Die Gründerin ist seit einigen Jahren nicht mehr dabei, aber die Idee ist geblieben.

VfB-Mützen gehen immer

Die anstrengendste Zeit sind die Wochen vor Weihnachten, wenn die Frauen ihre Verkaufsstände aufbauen und säckeweise ihre über das ganze Jahr gestrickten Sachen mitbringen und aufbauen (darunter sind allein zweihundert Paar Socken). Im Olgäle, im Katharinenhospital und in der Altenwohnanlage am Lindenbachsee sind sie an mehreren Tagen, um ihre Sachen zu verkaufen. Früher waren Trockensträuße und Lavendelsäckchen gefragt, heute sind es Socken, Schals und Mützen. Durchaus auch in Farben und Mustern, die so gar nicht nach dem Geschmack der Frauen sind. „Aber wir müssen uns nach dem richten, was gerade Mode ist“, sagt Inge Arnold.

Was immer gut geht, sind Mützen mit dem VfB-Logo. „In allen Größen“, sagt Hildegard Lachenmaier, „für Väter und Söhne.“ Vor vielen Jahren haben sie sogar Unterstützung vom VfB bekommen: Als sie in der Vorweihnachtszeit auch einen Stand auf der Königstraße hatten, stand der heutige Sportdirektor des Vereins, Fredi Bobic, mit am Verkaufstisch. Mit dem anderen großen Traditionsclub haben die Damen so  ihre Probleme. „Mein Mann ist zwar ein  Tiefblauer, aber das Kickers-K ist zu schwierig zum Sticken“, sagt Hildegard Lachenmaier – ausgerechnet während sie die Buchstaben VfB auf eine rot-weiße Ringelmütze stickt. Es geht lustig zu im Gemeindehaus der katholischen Liebfrauenkirche, dem Ort, an dem sich die Frauen immer treffen, und auch bei der Preisverleihung in den Wagenhallen avancierten die Damen des Bastelkreises schnell zum Publikumsliebling. Das Preisgeld in Höhe von 3000 Euro fließe in Material wie Wolle und Garn und eventuell in ein gemeinsamen Restaurantbesuch. „Aber wir setzen uns damit nicht in so eine Maschine und fliegen nach Mallorca“, sagte Inge Arnold auf der Bühne. Das nennt man Bodenhaftung.

Das hat auch Eric Gauthier beeindruckt, der sich als Jurymitglied für den Bastelkreis eingesetzt hat. „Ich finde, das ist eine tolle Sache und eine nette Gruppe“, sagte Gauthier, der die Frauen zur Premiere seines nächsten Tanzstückes eingeladen hat.