Die Sachlage im Stuttgarter Fernwärmestreit ist nicht so eindeutig, wie es die Stadt es gerne darstellt, meint StZ-Redakteur Thomas Faltin in seinem Kommentar.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Natürlich hätte es Vorteile, wenn die Stadt wieder über das Fernwärmenetz verfügen würde. Die Gewinne flössen in den öffentlichen Haushalt, und die Stadt könnte aus umweltpolitischen Gründen Projekte ins Werk setzen, die die EnBW in ihrem wirtschaftlichen Denken unterlässt. Insofern sprechen gute Gründe für die Klage der Stadt gegen die EnBW.

 

Was allerdings bedenklich stimmt, ist der Brustton der Überzeugung, in dem jetzt wieder in der Verwaltung und im Gemeinderat Reden für die Übernahme des Fernwärmenetzes geschwungen werden. Die Älteren werden sich erinnern, dass vor nicht einmal 20 Jahren mit derselben tiefen Überzeugung das Gegenteil erzählt wurde, dass man nämlich die Netze unbedingt verkaufen müsse, sonst ginge die NWS pleite. Das war eine der größten Fehleinschätzungen überhaupt in Stuttgart.

Stadtwerke müssen sich als Wärmeexperten beweisen

Warum macht man es jetzt nicht besser? Den Stadträten wird aber eine Vorlage aufgetischt, in der alles eitel Sonnenschein ist. Die hohen juristischen wie technischen Risiken werden nicht wirklich thematisiert. Und alle gehen stillschweigend davon aus, dass die Stadt – respektive die Stadtwerke – das Fernwärmenetz natürlich besser betreiben könnten als die EnBW. Doch die Stadtwerke sind bisher nicht groß in Erscheinung getreten als Wärmeexperten; bisher hatten sie weder das Personal noch das Geld, um im großen Stil Blockheizkraftwerke oder Nahwärmenetze aufzubauen.

Insofern wäre etwas mehr Demut bei der Einschätzung der eigenen politischen Weitsicht angebracht. Ein Selbstläufer ist die Klage gegen die EnBW jedenfalls nicht.