Die neue Kerosinpipeline zum Stuttgarter Flughafen soll im Sommer 2018 entlang der A8 gebaut werden. Der Flughafen schließt sich damit dem NATO-Pipelinenetz an. Die Bernhausener Bauern stehen dem Projekt offen gegenüber.

Echterdingen - Die Turbinen gehen an, das Flugzeug beschleunigt, fährt die Startbahn entlang und hebt ab. Für diesen alltäglichen Vorgang am Flughafen brauchen die Flugzeuge den Treibstoff Kerosin. Bisher lieferten Lastwagen den Treibstoff an, doch das Treibstofflager in Heilbronn schließt Ende 2017. In Zukunft wird das Kerosin per Pipeline zum Flughafen kommen. Die Flughafen Stuttgart GmbH plant den Bau einer Verbindungspipeline parallel zur A 8 im Sommer 2018. Die Kosten schätzt das Unternehmen auf 15 Millionen Euro.

 

Mit der Pipeline wird der Flughafen an das NATO-Pipelinenetz Central European Pipeline System, kurz CEPS genannt, angeschlossen. Dieses Netz zur Kerosinversorgung spannt sich von den Niederlanden über Belgien und den Süden Frankreichs bis hinein nach Westdeutschland. Der Kalte Krieg ist bei einem Blick auf die Netzkarte wieder sichtbar. Vor dem damaligen eisernen Vorhang ist Schluss mit den NATO-Treibstofflagern. Auch in Baden-Württemberg liegen CEPS-Rohre, unter anderem die Treibstoffleitung Kehl-Tübingen-Aalen. Ein Teilstück dieser Pipeline führt von Nürtingen nach Wendlingen. Hier, genauer gesagt in Oberboihingen, soll die neue Verbindungspipeline hin zum Flughafen ansetzen und den Treibstoff entlang der A8 zu den Flugzeugen bringen.

Die Versorgungssicherheit soll durch den Anschluss verbessert werden

Inwieweit die Pipeline auch in Krisenfällen eine zuverlässige Kerosinversorgung des Flughafens garantiert, muss kritisch hinterfragt werden. Das Treibstoff-Versorgungsnetz der NATO, an das der Flughafen angeschlossen werden soll, ist zwar für die kommerzielle Nutzung offen. Doch hat die Versorgung des Militärs mit Treibstoff Vorrang. Natürlich sind Zeiten, in denen die zivile Luftfahrt gegen die militärische aufgewogen wird, vorerst nicht in Sicht. Doch unabhängiger von den Konsequenzen internationaler Politik wird der Flughafen und seine Treibstoffversorgung mit der neuen Pipeline nicht. Allerdings kam auch der Treibstoff aus dem Heilbronner Lager aus dem CEPS-Netz. „Die Versorgungssicherheit hat sich durch den Direktanschluss verbessert statt verschlechtert“, heißt es von Seiten der Pressestelle des Flughafens.

Die exakte Lage der Pipeline ist noch nicht sicher, nur die grobe Route steht fest. Sollte sie südlich der A 8 liegen, könnten die Landwirte in Bernhausen vom Trassenbau betroffen sein. Das bedeutet im Klartext: Der Boden in den Äckern wird aufgegraben und die Pipeline in 1,20 Meter Tiefe verlegt. Die Äcker können danach wieder normal genutzt werden. Ernst Schumacher, der landwirtschaftliche Obmann Bernhausens, steht dem Projekt offen gegenüber. Bisher transportierten Lastwagen das Kerosin als Gefahrguttransport aus den umliegenden Treibstofflagern zum Flughafen. Das dies nicht mehr „auf der Straße spazieren gefahren werde“, habe oberste Priorität, findet der Landwirt. Solange nicht endgültig klar sei, inwieweit die Pipeline über Grundstücke der Landwirte führt, möchte er sowieso keine Pferde scheu machen.

Eine alternative Route hätte einmal quer durch die Filderbene geführt

Die in Stuttgart abgefertigten Flugzeuge benötigen im Jahr 260 000 Kubikmeter Kerosin. Zum Vergleich: Diese Menge Treibstoff passt in 100 große Schwimmbecken. Der Flughafen wirbt deshalb damit, dass die Trasse zu „ geringerer Verkehrs-, Lärm- und Schadstoffbelastung“ führt, da die 7500 Treibstofftransporte pro Jahr überflüssig werden.

Langfristig mag dies stimmen, doch kurzfristig stehen Bauarbeiten an. Der Großteil der Trasse führt an Feldwegen parallel zur Autobahn entlang, hier lassen sich die Rohre einfacher verlegen als auf privaten Grundstücken. Der Verkehr auf der A 8 wird von den parallel laufenden Bauarbeiten nicht betroffen sein.

In der Planungsphase war für die Pipeline-Trasse übrigens auch eine Alternativroute im Gespräch. Sie sollte entlang der B 27 von Reutlingen her kommend den nötigen Treibstoff liefern. Doch die Strecke ist nicht nur deutlich länger, sie hätte auch mehr Menschen auf der Filderebene betroffen. Zwischen Harthausen und Bonlanden hindurch hätte sie sich gen Airport geschlängelt, wäre dann auf die Felder zwischen Bernhausen und Sielmingen abgebogen, um schließlich das Ostende der Landebahn anzusteuern.

Baubeginn für die 19 Kilometer lange Trasse soll im Sommer 2018 sein

Doch benötigt die Pipeline benötigt rechts und links ihres Verlaufs je drei Meter Sicherheitsabstand. In diesem dürfen weder Bäume mit tiefen Wurzeln stehen, noch kann darin gebaut werden. Wohngegenden oder Industriegebiete bieten sich daher nicht für die Trassenführung an. Das Stuttgarter Regierungspräsidium hatte beide Varianten geprüft und sprach sich im Dezember 2015 für die Trasse entlang der A 8 aus. Die B27-Variante sei vom Tisch, bestätigt auch die Pressestelle des Flughafens.

Aktuell sind die Planungen leicht hinter dem Zeitplan. Die rund 19 Kilometer lange Trasse durchquert laut Pressestelle des Flughafens rund 400 öffentliche und private Grundstücke. Die Eigentümer bekommen eine Entschädigung. Erst mehr als die Hälfte der Grundstückseigner hat der Rohrverlegung bereits zugestimmt. Diesen Sommer sollten dem Zeitplan nach allerdings alle Rechte geklärt sein. Dann weiß auch Landwirt Schumann, ob er oder seine Kollegen eine Baustelle auf dem Acker haben werden. Im Sommer 2018 sollen die Arbeiten beginnen und ein Jahr andauern.