Der Footballtrainer Jemil Hamiko
spricht über die jüngste Niederlage der Stuttgart Scorpions und das Verletzungspech der Mannschaft. 20 seiner gut 60 Spieler waren in dieser Saison schon mal davon betroffen.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)
Stuttgart – - Die Stuttgart Scorpions stehen mit 14:4 Punkten in der Südstaffel der German Football League gar nicht so schlecht da. Während sie gegen die schwächeren Mannschaften einen Kantersieg nach dem nächsten feiern, steht ihre Bilanz gegen die anderen Spitzenteams aber bei 2:4 Punkten.
Herr Hamiko, Sie sind ein ziemlich emotionaler Typ. Wie viele Tage braucht es denn, bis Sie eine so unglückliche Niederlage wie das 19:20 im Spitzenspiel gegen die Saarland Hurricanes verdaut und vergessen haben?
Vergessen tue ich so etwas nie. Sonst würde man aus den Fehlern, die man macht, nicht lernen. Die Niederlage wurmt mich nicht, sondern mehr das Wie. Das kann mich durchaus lange wurmen, Tage oder auch Wochen. Ich feile dann so lange in meinem Kopf herum, bis ich der Meinung bin, die Fehler behoben zu haben.
Ihr Team hat nach einer 19:6-Führung vor dem letzten Spielviertel noch mit 19:20 verloren. Wo lagen die Fehler?
Es waren ganz schön viele Fehler. Wir waren nicht konzentriert genug bei der Sache. Es gab 21 Strafen gegen uns, das ist untypisch für uns. Da waren alleine zehn Fehlstarts vor Spielzügen dabei, das sind Anfängerfehler. Wenn du so viele so idiotische Fehler machst, brauchst du dich nicht wundern, dass du den Gegner damit wieder ins Spiel bringst. Wir haben den Sieg gegen einen gut spielenden Gegner verschenkt.
Welche Folgerungen ziehen Sie daraus?
Für nächsten Montag habe ich ein Trainermeeting angesetzt, da wird Tacheles geredet. Ich sehe die Schuld bei mir, weil ich manche Dinge nicht abgestellt habe. 14 Punkte in einem Viertel sind im Football aber auch nichts Unmögliches, diesen Aspekt vergessen viele. Unsere Offensive hat gegen die Saarland Hurricanes jedoch nur sechs Punkte verbucht von unseren insgesamt 19 – unser Angriff hat nicht funktioniert. 20 Gegenpunkte sind ja nichts.
2014 hatten die Scorpions ein Defensivproblem, jetzt scheint es ein Offensivproblem zu geben?
Ja. Wir kämpfen ständig mit Verletzungen – mittlerweile sind schon 20 von meinen knapp 60 Spielern mal verletzt gewesen. Wir haben noch nicht zwei Spiele in Folge mit dem gleichen Personal bestritten. Gerade in der Offensive Line haben wir die Seuche drin – nach seinem Wadenbeinbruch am Samstag wird uns jetzt ja auch Benhur Ayra vermutlich acht Wochen fehlen. Das zieht sich durch die Saison, wir kommen einfach nicht rein im Angriff.
Zuletzt gab es auch einen Wechsel auf der Quarterback-Position hin zu dem eigentlich als Passempfänger verpflichteten Dylan Potts. Hat er Tom Schneider verdrängt?
Es lief am Anfang der Saison nicht so perfekt. Deshalb haben wir es jetzt mal mit Dylan versucht. Nach zwei leichten Gegnern ging es jetzt ans Eingemachte. Da haben wir gesehen, dass es bei ihm auch nicht rundläuft. Wie es jetzt weitergeht, kann ich noch nicht sagen. Das Thema steht nächste Woche auf der Agenda.
Platz zwei soll es am Ende für die Scorpions werden . . .
. . . muss es werden! Wenn wir nicht Zweiter werden, bin ich gespannt, was die Verantwortlichen sagen. Platz zwei und das damit verbundene Heimspiel im Viertelfinale der Play-offs ist und bleibt das Ziel.
Wie sehr ist dies in Gefahr?
Wir können immer noch Südmeister werden. Die anderen Spitzenteams spielen ja auch noch gegeneinander. Es ist noch früh in der Saison. Also abwarten.
Nach zuletzt einem Spiel nach dem anderen folgt nun mitten in der Saison eine Phase mit nur zwei Partien in sieben Wochen für die Scorpions – das kann eigentlich nicht nach Ihrem Geschmack als Trainer sein?
Absolut gar nicht. Das hängt mit der WM zusammen, die in diesem Zeitraum stattfindet. Der Verband hat zwar schon früh zu einer Absage tendiert, aber dann lange damit gewartet. So ist dieser Spielplan entstanden. Wir hatten jetzt sechs Wochenenden nacheinander Spiele als Amateure – die Körper der Jungs sind fertig.