Bis zum Herbst 2019 leitet Matthias Foremny das traditionsreiche Stuttgarter Kammerorchester. Danach übernimmt der österreichische Geiger und Dirigent Thomas Zehetmair. Er steht für stilistische Breite und akribische Arbeit.

Stuttgart - Überall Zufriedenheit, Glück und heitere Zuversicht. Von draußen leuchtet mild die Herbstsonne ins Zimmer, und drinnen sitzt, umrahmt von Mitarbeitern und von Vertretern der Presse, flankiert vom gerade frisch ins Amt gekommenen neuen Intendanten Markus Korselt, der Neue: Thomas Zehetmair (55), in Österreich geborener Geiger und (seit etwa zwei Jahrzehnten) auch Dirigent, ein passionierter Kammermusiker, dessen Repertoire sich zwischen Mozart und Zeitgenössischem weit aufspreizt, soll das Stuttgarter Kammerorchester ab der Saison 2019/20 als Chefdirigent leiten. Mit dieser Personalie, sagt stolz der Vorstandsvorsitzende Friedrich Schock, sei der traditionsreiche Klangkörper „endgültig in der Champions League angekommen“. Einen Dreijahresvertrag hat Zehetmair zunächst unterschrieben, seine Anwesenheit soll pro Saison mindestens sieben Wochen betragen, also knapp ebenso lang sein wie diejenige seines Amtsvorgängers. Matthias Foremny hat seinen Vertrag beim Kammerorchester nicht verlängert; nach dann sechs Jahren als Chefdirigent in Stuttgart wird er nach der Saison 2018/19 zwar als Gast immer wieder zurückkommen, ansonsten jedoch vor allem im Opern- und im sinfonischen Bereich aktiv sein.

 

Musik ist für Zehetmair nie nur schöner Klang

Als Geiger wie als Dirigent geht es Zehetmair immer um höchstmöglichen Ausdruck: um Musik, die nie nur schöner Klang, sondern immer vor allem Anliegen und Herzenssache ist. Wenn er bei seiner Vorstellung am Mittwoch Nikolaus Harnoncourt zitiert („Eine gute Aufführung ist immer am Rande des Abgrunds“), dann trifft das den Kern. Zehetmairs Interpretationen leben von innerem Feuer, haben rhetorische Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis tief verinnerlicht, ohne je dogmatisch zu wirken, und als Geiger, Dirigent wie als Kammermusiker, der seit 1997 auch mit seinem eigenen (übrigens immer auswendig spielenden) Quartett Erfolge feiert, steht Zehetmair für eine große Breite im Repertoire. Als Chefdirigent war der Österreicher schon bei der Royal Northern Sinfonia und beim Orchestre de chambre de Paris angestellt; seit 2016 leitet er das Musikkollegium Winterthur.

Mit 17 Streichern „Feines machen“

In Stuttgart gibt sich Thomas Zehetmair zurückhaltend. Mit 17 Streichern, sagt er, könne man „etwas ganz Feines machen“; dann ist die Rede von einer „innigen Beziehung“, von Flexibilität, Detailarbeit und von der Kunst des Aufeinander-Hörens, die in einem kleinen Orchester noch viel wichtiger sei als in einem großen. Zehetmair wird in Stuttgart auch als Solist auftreten – und nennt, angesprochen auf Musiker, die er außerdem zum Kammerorchester holen könnte, den Cellisten Mischa Maisky und den Flötisten Emmanuel Pahud.

Und das Repertoire der Zukunft? „Das Kammerorchester sollte sich selbst treu bleiben“, sagt der designierte Chef – und bezeichnet damit – bewusst oder unbewusst – ein Kernproblem dieses Klangkörpers, dem es immer wieder schwer gefallen ist, mit gemischten Programmen und wechselnder Stilistik, außerdem immer wieder in die Enge getrieben von konkurrierenden Spezialistenensembles, etwas zu entwickeln, das man heute als Markenkern bezeichnet: etwas Unverwechselbares, das sich verkaufen lässt. Geht es nach Markus Korselts Wünschen, so wird Zehetmair mit Breite, hoher Qualität und seinem internationalen Renommee für das Orchester Türen aufstoßen.

Auftritt am 18. März 2018 – mit Mozart

„Wenn man eine Sache richtig gut macht, gewinnt man auch das Publikum“: Da ist sich jedenfalls der neue Chefdirigent sicher. Am 18. März 2018 kann man schon einmal überprüfen, ob er diesem Anspruch gerecht wird: Dann spielen Thomas Zehetmair und seine Frau, die Bratscherin Ruth Killius, mit dem Stuttgarter Kammerorchester im Theaterhaus Mozarts Sinfonia concertante.