Es spricht viel dafür, dass die Zeit von Tomasz Kaczmarek als Trainer bei den Stuttgarter Kickers abgelaufen ist. Bereits an diesem Dienstag könnte der A-Junioren-Coach Paco Vaz das Amt bei dem Fußball-Regionalligisten übernehmen.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Die Stuttgarter Kickers hatten gestern ihren „blauen Montag“ – nicht mehr auf dem Cannstatter Volksfest, sondern, wie nach einem Samstagspiel üblich, trainingsfrei. Das heißt aber nicht, dass die Verantwortlichen angesichts der prekären Situation die Hände in den Schoß gelegt haben. „Wir arbeiten an einer Entscheidung“, sagte der Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker am Mittag in Sachen Trainerfrage. Nachdem die bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht offiziell gefallen war, stehen die Zeichen wohl auf Trennung mit dem glücklosen Tomasz Kaczmarek.

 

Bei den Personalentscheidungen fehlt das richtige Gespür

Womit diese erst Mitte Dezember 2016 geschlossene Zusammenarbeit nach nicht einmal einem Jahr enden würde, ähnlich kurz waren bereits die letzten Amtsperioden der Vorgänger Tomislav Stipic, Alfred Kaminski oder Dieter Märkle (interimsweise). Was die Misere auf Degerlochs Höhen eindrucksvoll unterstreicht: Bei den Personalentscheidungen fehlt den Verantwortlichen offensichtlich das richtige Gespür. „Es muss auch passen“, sagte Dinkelacker am Montag noch – und meinte damit wohl das Gesamtpaket, sprich die mögliche Nachfolgeregelung.

Da stünde den Stuttgarter Kickers ein Ramon Gehrmann aus regionalen, aber auch fachlichen Gesichtspunkten sicher gut zu Gesicht – wobei der Trainer des Oberliga-Aufsteigers SGV Freiberg, der übrigens mit Kaczmarek den Lehrgang zum Fußballlehrer besucht hat, keine Freigabeklausel in seinem Vertrag besitzt.

Es spricht viel für Paco Vaz

Einfacher wäre deshalb eine interne Lösung, die sich abzeichnet. Nachdem Dieter Märkle als Chef des Nachwuchsleistungszentrums seine Chance im Jahr zuvor nicht nutzen konnte, spricht jetzt viel für Paco Vaz, den Trainer der A-Junioren, die in der Oberliga Spitzenreiter sind. Der gebürtige Spanier besitzt den für die Regionalliga erforderlichen A-Schein, und viele im Umfeld der Blauen trauen ihm diese heikle Aufgabe offensichtlich zu. Zudem würde er das Budget des klammen Vereins nicht zusätzlich belasten, schließlich hat Kaczmarek einen Vertrag bis 30. Juni 2019, der erfüllt oder abgefunden werden müsste. Der gebürtige Pole ist mit großen Vorschusslorbeeren ins Rennen gegangen. Präsident Rainer Lorz sagte bei der Vorstellung: „Wir sind froh, dass wir mit Tomasz Kaczmarek einen neuen Coach verpflichten konnten, der unser Anforderungsprofil vollumfänglich erfüllt. Mit ihm wollen wir langfristig zusammenarbeiten, um endlich wieder die so wichtige Kontinuität zu bekommen.“ Letztlich konnte er die Erwartungen nur sehr bedingt erfüllen.

Ein unglaubliches Verletzungspech

Andererseits gilt auch: Der Coach hatte es von vorneherein nicht leicht in Degerloch, schaffte dann zwar den nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenverbleib, verpatzte dann aber das WFV-Pokal-Finale gegen Siebtligist SF Dorfmerkingen. Hinzu kam in dieser Saison ein unglaubliches Verletzungspech. Auf der zentralen Achse Torwart-Mittelfeld- Sturm fallen in Stammkeeper Christian Ortag, David Müller und vor allem den beiden Torjägern Mijo Tunjic und Luca Pfeiffer gleich vier Stammkräfte langfristig aus. Trotz dieser Personalmisere hat der 33-Jährige nie Neuzugänge gefordert (um die der Verein aber mittelfristig wohl nicht herumkommen wird). Außerdem steht Tomasz Kaczmarek seit zwei Wochen auch noch ohne Co-Trainer da, und ein kompetentes Bindeglied zu den Gremien (Stichwort Sportdirektor) fehlt komplett. Da darf es am Ende nicht wirklich überraschen, dass ein junger Trainer irgendwann überfordert ist und Schiffbruch erleidet.

Ein Sieg gegen Aufsteiger Völklingen ist Pflicht

Unter diesen Voraussetzungen scheint es immer unwahrscheinlicher, dass Kaczmarek am Samstag (14 Uhr) gegen den Aufsteiger Röchling Völklingen noch auf der Bank im Gazi-Stadion sitzen wird, eine Partie, die unbedingt gewonnen werden muss, um nicht noch tiefer in den Abstiegsstrudel zu geraten. Andererseits wäre das für einen neuen Mann eine reelle Chance auf ein Erfolgserlebnis, nach dem Motto: Wenn nicht jetzt, wann dann?

An diesem Dienstag ist übrigens wieder Training bei den Kickers im ADM-Sportpark angesagt. Vielleicht mit ein paar Kiebitzen mehr als gewöhnlich – und einem neuen Coach.