Nach der 3:4-Niederlage gegen Dresden nimmt sich der Kickers-Sportdirektor Michael Zeyer die Spieler zur Brust. Vor allem der Rotsünder Fabian Baumgärtel steht im Zentrum von Zeyers Kritik.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Neutrale Beobachter haben an diesem mitreißenden, spannenden, hochklassigen Fußball-Drittligaspiel gewiss ihre Freude gehabt. Da spielte im kleinen aber feinen, mit 8000 Zuschauern sehr gut gefüllten Gazi-Stadion auf der Waldau die taktisch clevere Mannschaft aus Dresden. 2000 schwarz-gelbe Anhänger krakeelten im Gästeblock leidenschaftlich, obwohl der Dynamo nicht immer auf Hochtouren lief. Doch im Verwerten von Torchancen machte der Elf von Trainer Peter Nemeth diesmal keiner etwas vor.

 

So konnte zwar Daniel Engelbrecht für die Kickers die Führung von Niklas Kreuzer (14.) noch mit einem gekonnten Drehschuss ausgleichen – dann aber zogen die Sachsen durch einen Treffer von Marvin Stefaniak (28.) und ein Eigentor von Nick Fennell, der einen Freistoß von Luca Dürholtz ins Toreck verlängerte, auf 3:1 davon (59.). Der junge Mark Redl, der die formschwache Stammkraft Korbinian Müller im Tor ablöste, hatte keine Abwehrchance.

Hitzkopf Fabian Baumgärtel sieht Rot

Die rassige Partie sah danach eine Stuttgarter Elf, die sich durch Fabian Baumgärtel weiter selbst schwächte. Der völlig überhitzte Blondschopf beleidigte im Mittelfeld den Schiedsrichter Tobias Stieler, der reagieren musste – und sofort Rot zog (63.). Zu zehnt aber erlebten die Kickers ihre sportliche Auferstehung: Sie schafften erst durch einen herzhaften Rechtsschuss des eingewechselten Randy Edwini-Bonsu das 2:3 (73.) – und durch einen Kopfball von Marc Stein, einen Innenverteidiger mit einem zähen Kämpferherz, den Ausgleich zum 3:3 (83.). Der Kapitän Enzo Marchese sollte hinterher zu Recht „die tolle Moral unserer Truppe“ loben.

Die Kickers wollten nun den Sieg – doch der Schuss ging nach hinten los. „Wenn wir noch den Siegtreffer schaffen, loben alle, was für mutige Kämpfer wir sind“, sagte der enttäuschte Kickers-Trainer Horst Steffen. Denn als der baumlange Dynamo-Kapitän Marco Hartmann in der Nachspielzeit am Fünfmeterraum zur Stelle war und zum 4:3 für Dresden einköpfte, da war diese turbulente Partie entschieden – und der neutrale Zuschauer konnte zufrieden nach Hause gehen.

Michael Zeyer allerdings ist als Sportdirektor der Stuttgarter Kickers alles andere als neutral: Nach der nunmehr dritten Niederlage in den vergangenen vier Spielen besitzen seine Blauen als Vierter nur noch geringe Chancen auf den Aufstieg in die zweite Liga. Aber nicht nur deshalb war Zeyer, der sich als introvertiertes Naturell sonst selten in den Vordergrund rückt, nach dem Abpfiff ziemlich angefressen. „Bei einigen Spielern fehlt mir einfach die Gier nach Erfolg – vieles plätschert hier nur so dahin“, polterte der 46-jährige Manager los: „Bei vielen ist offensichtlich die Grenze erreicht. Sie spielen am Limit. Da fehlen zehn bis 15 Prozent an Qualität.“

Trainer Steffen hat noch ein wenig Hoffnung

Besonders den Rotsünder Baumgärtel, der erst vor zwei Wochen seinen Vertrag verlängerte, nahm sich Zeyer zur Brust: „Sein Auftreten geht überhaupt nicht. Wenn ich mich so verhalte, signalisiere ich allen, dass ich gar nicht aufsteigen will.“ Während in dem Trainer Steffen bei drei ausstehenden Spielen noch ein kleiner Hoffnungsfunke glimmt („Im Fußball hat es schon die kuriosesten Geschichten gegeben. Am Ende wird abgerechnt“) blieb der ehrgeizige Manager auf Konfrontationskurs – und deutete personelle Nachbesserungen für die nächste Runde an, um dann möglichst den Sprung in die zweite Liga zu realisieren: „Den Siegeswillen habe ich nicht auf jeder Position gesehen“, sagte Zeyer: „Da waren fast alle laufschwach, und einige zu ängstlich.“

Vor der Partie am Samstag beim Fünften Preußen Münster müssen die Kickers nun auch mit einem Auge nach hinten schielen: Schließlich qualifizieren sich die ersten Vier der dritten Liga für den DFB-Pokal – und im nationalen Cupwettbewerb wäre man nach dem Höhepunkt von 2014 gegen Borussia Dortmund (1:4 in der ersten Hauptrunde) gerne wieder mit dabei.