Sport: Jürgen Frey (jüf)

2008 Am 31. Mai ging es für die Kickers am letzten Spieltag bei der SV Elversberg um die Qualifikation zur neu gegründeten dritten Liga. Ein Sieg war Pflicht, gleichzeitig durfte der SSV Reutlingen bei den SF Siegen nicht gewinnen. Beides traf ein. Die Blauen gewannen durch Tore von Marco Tucci und Angelo Vaccaro mit 2:0, Reutlingen verlor mit 1:2. „Wir haben es geschafft, weil jeder für den anderen Gas gegeben hat und wir trotz der Hektik im Umfeld die Ruhe bewahrt haben“, erinnert sich der damalige Trainer Stefan Minkwitz. 2013 „Die Anspannung war riesig“, weiß der damalige Kickers-Abwehrchef Julian Leist noch heute, wenn er auf das Abstiegsendspiel bei Darmstadt 98 angesprochen wird. „Wir haben uns gegenseitig gepuscht und 90 Minuten lang alles rausgehauen.“ Am Ende gab es vor 13 600 Zuschauer am Böllenfalltor ein 1:1. Kevin Dicklhuber hatte die Kickers mit 1:0 in Führung gebracht (11.), Elton da Costa (84.) glich aus. Mit viel Leidenschaft und Glück brachten die Blauen das Unentschieden über die Zeit. Das Team von Trainer Massimo Morales blieb in Liga drei. Darmstadt mit Coach Dirk Schuster war sportlich abgestiegen. Der Ex-Kickers-Trainer konnte sein folgendes Fußballmärchen mit den Lilien nur starten, weil Kickers Offenbach keine Lizenz erhielt. „Wahnsinn, welche Geschichten der Fußball schreibt“, sagt Leist. 2016 Dieses Drehbuch hätte Alfred Hitchcock nicht dramatischer schreiben können: Die Kickers benötigten gegen den Chemnitzer FC (für den es um nichts mehr ging) noch ein Pünktchen für den Drittliga-Klassenverbleib, kassierten aber vor 5970 Zuschauern in der 87. Minuten durch Anton Fink das Gegentor zum 0:1. Schlussoffensive? Fehlanzeige! Stattdessen beorderte Trainer Tomislav Stipic wild gestikulierend seine Spieler nach hinten, „weil wir davon ausgegangen sind, dass der SV Wehen Wiesbaden mit 2:1 führt und wir nicht noch das 0:2 bekommen wollten“. Das hätte den Kickers gereicht, aber es passte ins Bild, dass ausgerechnet der Lokalrivale VfB Stuttgart II Schicksal für die Kickers spielte, indem er noch den dritten Gegentreffer in Wiesbaden kassierte und die Blauen so mit in die Regionalliga zog.

 

Nach einer kurzen Schockstarre sorgte eine Minderheit von sogenannten Fans für einen weiteren chaotischen Schlusspunkt, stürmte den Platz und attackierte Spieler. Die Mannschaft verschwand fluchtartig in den Katakomben, während der damalige Sportdirektor Michael Zeyer vor den Fernsehkameras sagte: „Das ist natürlich ein Scheitern – und dafür muss ich mit Verantwortung übernehmen.“ Er blieb aber doch im Amt – bis Oktober 2016. „Wer damals in Degerloch dabei war, möchte so einen Horrortag nicht noch einmal erleben“, sagt Kickers-Spieler Sandro Abruscia. An diesem Samstag in Hoffenheim fehlt der Allrounder verletzt. „Wir packen das“, ist er sich sicher. Wenn nicht bliebe noch der Strohhalm, dass Waldhof und Elversberg den Drittliga-Aufstieg schaffen. Doch die Blauen wollen es aus eigener Kraft klar machen.