Der Kickers-Trainer Horst Steffen wertet das 0:0 gegen den Aalen noch nicht als richtungsweisend für die Saison. Gegen den tapfer verteidigenden Zweitligaabsteiger bissen sich die Stuttgarter vor allem nach der Pause die Zähne aus.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Es waren 89 Minuten gespielt, als sich Enzo Marchese verzweifelt mit der rechten Hand an den Hinterkopf fasste. Soeben hatte der Kickers-Kapitän die Latte getroffen – und nun war ihm klar: Die Stuttgarter werden sich im Heimspiel gegen den neu formierten Zweitliga-Absteiger VfR Aalen mit einem 0:0 zufrieden geben müssen. „Wenn du vorne keine Durchschlagskraft hast“, ärgerte sich Marchese mächtig, „dann kannst du solche Spiele eben nicht gewinnen.“

 

Es passte dabei irgendwie ins Bild, dass dieses Württemberg-Derby in der dritten Fußballliga bei strahlendem Sonnenschein begann und im leichten Nieselregen endete. Mit einem Sieg, einer Niederlage und zwei Unentschieden hinken die Kickers nach dem Saisonstart als Zwölfter den eigenen Ansprüchen hinterher. „Wir hatten in der ersten Halbzeit zu viele Fehlpässe, aber ich sehe das Ergebnis nicht als richtungsweisend“, sagte der Trainer Horst Steffen, der mit seinem Team nun am Mittwochabend bei Hansa Rostock antreten muss: „Wenn wir weiter an unserem Spiel feilen, werden wir uns auch in der Tabelle kontinuierlich verbessern. Die Saison ist lang.“

Vier Neue in der Kickers-Startaufstellung

Im Vergleich zum 0:2 bei Erzgebirge Aue hatte Steffen seine Startformation auf vier Positionen verändert. Für den rot-gesperrten Carl Klaus stand Rouven Sattelmaier im Tor, in der Innenverteidigung spielte Manuel Bihr für den lange gesetzten Henrik Starostzik, Bentley Baxter Bahn durfte nach seiner Sperre wieder im Mittelfeld ran, während in der Offensive diesmal Manuel Fischer erste Wahl war, der Torschütze vom 1:0-Sieg unter der Woche im WFV-Pokal in Reutlingen.

Die Kickers begannen auch gleich dominant, waren mit viel Ballbesitz feldüberlegen, bissen sich aber am robusten Viererriegel des Zweitligaabsteigers aus Aalen die Zähne aus. Der Ex-Freiburger Bundesligaprofi Oliver Barth, der einst seine Profikarriere bei den Kickers begann, organisierte die VfR-Abwehr umsichtig. Für die Kickers-Angreifer Fischer und Co. gab es daher in einer chancenarmen, schwachen ersten Hälfte nichts zu holen. Lediglich einmal keimte Hoffnung auf, als Fabian Baumgärtel einen Freistoß knapp neben das Tor schoss (32.). „Unser Spiel war viel zu statisch, es fehlte der Druck“, schimpfte der Sportdirektor Michael Zeyer – und Marchese war angefressen: „Das war von einigen fast schon Arbeitsverweigerung.“

Dabei hatte auch der Kickers-Dirigent mit vielen Fehlpässen schwach begonnen. Und so hatte Aalen vor der Pause die besseren Möglichkeiten: Erst landete der Ball nach einem Barth-Kopfball am Pfosten, dann köpfte der VfR-Kapitän Markus Schwabl nach einer Ecke knapp drüber (9.). Bei einem Freistoß von Aalens Mika Ojala war zudem der Stuttgarter Schlussmann Sattelmaier auf dem Posten (27.).

Nach dem Wechsel steigerte sich Marchese – und mit ihm auch die gesamte Kickers-Elf, die vor 5450 Fans auf der Waldau nun zielstrebiger zu Werke ging. Erst strich eine Baumgärtel-Volleyabnahme knapp am rechten Pfosten vorbei (50.), dann scheiterte Marchese mit einem Flachschuss an VfR-Torhüter Daniel Bernhardt (58.). Mit den Einwechslungen von Lhadji Badiane, Elia Soriano („Er hat einen natürlichen Torriecher“, so Steffen), der nach neunmonatiger Verletzungspause sein Comeback gab, sowie von Erich Berko brachte der Trainer alles aufs Feld, was ihm an Offensivpotenzial zur Verfügung stand.

Soriano nach Comeback mit Großchance

In der 81. Minute wäre dieser Mut fast belohnt worden: Berko passte auf Soriano, der mit seiner Bogenlampe aber am aufmerksamen Bernhardt scheiterte. Dann hatte Marc Stein mit seinem Kopfball kein Glück. Und als letztlich Marchese die Latte traf, war klar, dass den Kickers der erhoffte Sieg nicht gelingen würde – was Michael Zeyer am Ende nüchtern analysierte. „Die Gegner kennen uns immer besser und stellen sich hinten rein“, sagte der Sportdirektor, der hofft, „dass wir in den nächsten Spielen mehr fußballerische Qualität auf den Platz bringen.“