Es drängt: Nicht einmal vier Wochen haben sie in Möhringen Zeit, die Musical-Bühne von einem Spukschloss in das Heim einer Diva umzubauen. Ein Blick hinter die Kulissen des neuen Stücks „Bodyguard“.

Stuttgart - Ein Schmachtfetzen ist der Film „Bodyguard“. Alles ist darauf angelegt, dass die Zuschauer die Tränen fließen lassen, wenn Whitney Houston „One Moment in Time“ singt. Doch auch wer so was für Kitsch hält und lieber auf Action steht, kommt im gleichnamigen Musical im Palladium-Theater in Möhringen auf seine Kosten. Wann sieht man schon mal, dass Darsteller getoastet werden? Live. Das ist kein Witz. Unter der Bühne hat man zwei Toaster eingebaut. So nennen die Techniker und das Ensemble die zwei Lifte, die die Darsteller mit vier Meter pro Sekunde beschleunigen und auf die Bühne schleudern. Drücken sie sich noch ab, springen sie anderthalb Meter hoch. Ganz so wie ein Brot aus dem Toaster. Viel eleganter natürlich.

 

22 Laster brachten das Material

Komplett haben sie die beiden Lifte aus Köln angekarrt. Sie gehörten zu den zig Tonnen Material, die am Stuttgart am 3. September in 22 Lastwagen in Stuttgart ankamen. Nach der letzten Vorstellung von „Tanz der Vampire“ schleppte man das Spukschloss vorne raus, hinten herein kam schon das Material für „Bodyguard“. Die Bühne sei total leer gewesen, sagt Benjamin Neuen, der technische Leiter, „sogar der Boden kommt raus.“ Nicht ein Vampirzahn blieb übrig beim Reinemachen.

Das Theater mit seinen 1800 Plätzen wird komplett leer geräumt und an die neue Produktion angepasst. So hat man für „Bodyguard“ das Orchester ausgelagert, den Orchestergraben überbaut, um Platz zu schaffen für die Toaster und eine Nebelmaschine. Sie hüllt die Bühne in Nebel, allerdings nur für Sekunden. Ein Kniff, um einen Szenenwechsel zu ermöglichen. Von der Showbühne in die Küche des Stars Rachel Marron. So gerne das Musical Filmstoffe kapert, um sich an Bekanntes anzudocken, so schwer fällt das Umsetzen. Anders als im Film kann man auf der Bühne ja keine Schnitte machen. Da muss man die Szenen verbinden.

Die Bühnentechniker arbeiten rund um die Uhr

Bei „Bodyguard“ löst man das Problem durch den Nebel, und sogenannte Slider, bewegliche Kulissen. Sie kann man verschieben, so die Bühne teilen. Das ist aber aufwendig. Nicht einmal vier Wochen Zeit bis zur Premiere am Donnerstag, 28. September, haben Lichttechniker, Tontechniker, Requisiteure, Ensemble, Bühnentechniker, Maske, Ensemble, um das Musical auf die Bühne zu stellen. So arbeiten die 25 Bühnentechniker in drei Schichten rund um die Uhr. Auch im Büro ist man gefordert. „Die Tänzer aus England brauchen einen Vorschuss“, erzählt Hans Rausch. Als Associate Producer laufen bei ihm die Fäden zusammen, „schließlich müssen die Leute eine Mietkaution zahlen.“

Während die Techniker an der Bühne werkeln, probt das Ensemble im dritten Stock. In einem Raum, der an eine Stadthalle aus den 50er Jahren erinnert. Hier ist der Glamour der Bühne weit weg. Es riecht tatsächlich nach „Blut, Schweiß und Tränen“, die laut Rausch beim Vorbereiten eines Musicals in Strömen fließen. Auf dem Boden sind rote, gelbe und blaue Klebestreifen. Sie markieren Stühle, Tische, Kulissen, damit man beim Proben schon ungefähr weiß, wie man sich zu bewegen hat. Erst am Sonntag geht es auf die große Bühne, „dann müssen wir Sound, Licht, Kulissen und das Ensemble zusammenbringen“, sagt der künstlerische Leiter Alexander Grünwald.

Aisata Blackmann singt 14 Lieder von Whitney Houston

Heute orientiert man sich noch an den Klebestreifen. Aisata Blackman singt als Rachel Marron 14 Lieder von Houston. In dem Film von 1992 sind es deren vier, aber die Liebesgeschichte um die Diva und ihren Leibwächter, dem „Bodyguard“, wird fürs Musical aufgebohrt zur Nummernrevue: Es wird gesungen und getanzt auf Teufel komm raus. Heute probt Blackman mit den Tänzern „Queen of the Night“. Choreografin Jane McMurtie gibt den Feldwebel, ruft: „Knie hoch!“ Jadran Malkovich hat noch Pause. Er darf in der Rolle des Leibwächters Frank Farmer später mit Blackman streiten. Sie schneidet Bananen, er sagt ihr, dass sie zum Schutz vor einem Attentäter nicht auftreten soll. Was dazu führt, dass sie vor lauter Zorn beinahe ihn in Stücke hackt. Aber keine Angst, am Ende kriegen sie sich doch.