Anfang März wird das Weilimdorfer Grundbuchamt geschlossen, in den kommenden Monaten wird das auch in den anderen Bezirken passieren. Ende 2017 schließen die Bezirksnotariate dann komplett.

Stuttgarter Norden - Auf dem Löwen-Markt steht schon der Umzugscontainer, im Bezirksrathaus werden Kisten gepackt. Am 1. März wird das Grundbuchamt im Notariat letztmals geöffnet haben. Im Zuge der Reform des Grundbuchwesens werden bis Ende des nächsten Jahres auch die Grundbuchämter in den anderen Bezirken geschlossen und alle Akten ins Grundbuchzentralarchiv nach Kornwestheim gebracht: Bis zum 1. Januar 2018 werden alle 654 Grundbuchämter im Land aufgehoben, die Grundbuchführung wird dann von 13 Amtsgerichten übernommen.

 

Doch nicht nur beim Haus- oder Grundstückskauf kommen bislang die Amts- oder Bezirksnotare ins Spiel: Neben der Grundbuchführung gehören auch die Beurkundung von Verträgen und die Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften zu ihren Aufgaben. Darüber hinaus übernehmen sie die Funktion als Nachlass- und Betreuungsgericht. Doch auch damit ist 2018 Schluss: Die gerichtlichen Tätigkeiten werden an die Amtsgerichte verlagert, das Beurkundungswesen wird künftig ausschließlich von freiberuflichen Notaren übernommen.

Amtsnotare sind eine süddeutsche Besonderheit

Mit dieser Notariatsreform wird eine historisch gewachsene süddeutsche Besonderheit aus der Welt geschafft: Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, in dem es Amtsnotare gibt. Während Justizminister Rainer Stickelberger durch die Reform, die noch von der schwarz-gelben Landesregierung beschlossen wurde, große Vorteile für die Bürger erwartet, sehen die Notare im Stuttgarter Norden die Entwicklung eher skeptisch. Auf dem Altar der Gleichmacherei werde nun ein bürgernaher Service geopfert, heißt es aus einem Nord-Stuttgarter Notariat, schließlich würden die Bezirksnotare die Bürger häufig noch persönlich kennen.

„Die Leute werden schon noch merken, was diese Reform bedeutet“, meint ein Kollege aus einem anderen Bezirk. Da die Grundbuchführung und die gerichtlichen Tätigkeiten wegfielen, sei jeder Notar künftig für deutlich mehr Menschen zuständig als bislang. Dadurch müssten die Menschen dann weitere Wege zum nächsten Notar zurücklegen, was auf dem Land noch viel gravierender sei. Geschaffen und besetzt werden die Notarstellen im Land vom Justizministerium. Derzeit gibt es in Baden-Württemberg insgesamt 106 freiberufliche Notare. Hinzu kommen etwa 800 Amtsnotare. Deren Wegfall zum 1. Januar 2018 soll durch die Schaffung von 242 neuen freiberuflichen Notariatsstellen ausgeglichen werden. In der Landeshauptstadt sind nach Angaben des Justizministeriums derzeit 49 Notare freiberuflich tätig, ab 2018 werden es 52 sein.

An den Gebühren ändert sich durch die Reform nichts

Für den Bürger mache sich die Reform vor allem bei Haus- oder Grundstückskäufen bemerkbar, sagt Jan Arnold, Vorsitzender des Württembergischen Notarvereins. Bei den Amtsnotaren sei diesbezüglich alles in einer Hand gelegen, wofür künftig mehrere Stellen zuständig seien. „Da geht schon auch Effizienz verloren.“ Dem Land Baden-Württemberg entgehen darüber hinaus aber auch Einnahmen verloren, sagt Arnold. 60 bis 100 Millionen Euro Gewinn hätten die Amtsnotariate jährlich erwirtschaftet. Geld, das künftig zu einem guten Teil von freiberuflichen Notaren verdient wird. Da die Notargebühren bundesweit einheitlich festgelegt werden, ändert sich an den Kosten für die Bürger indes nichts.

Nachdem sich der Notarverein lange gegen die Reform gewehrt habe, versuche man nun, den Übergang so gut wie möglich hinzubekommen, erklärt Arnold. Für manche Kollegen sei die Reform ja auch eine Chance. Die Amtsnotare werden künftig entweder an anderer Stelle im Justizdienst tätig sein oder freiberuflich eine der 242 neuen Notarstellen besetzen. Für viele Notare, aber auch für die Mitarbeiter in den Notariaten ist derzeit noch unklar, wo und was sie ab 2018 arbeiten werden. Diese Unsicherheit sei für die Beschäftigten natürlich eine große Belastung, sagt Arnold. Aus einem Notariat im Stuttgarter Norden ist zu hören, dass die Motivation mittlerweile im Keller sei, da es auch immer schwerer werde, Nachfolger für ausscheidende Mitarbeiter oder Kollegen zu finden.

Info: In Weilimdorf hat das Grundbuchamt am 1. März letztmals geöffnet. Das Amt in Botnang wird zum 25. April geschlossen, das in Zuffenhausen zum 22. August. In Feuerbach ist die Schließung für das 4. Quartal 2016 vorgesehen, in Stammheim für das 4. Quartal 2017. Bereits Mitte Januar dieses Jahres hat die Stadt Stuttgart im Kundenzentrum des Stadtmessungsamts an der Kronenstraße 20 eine zentrale Grundbucheinsichtstelle eingerichtet. Dort ist unter anderem die Einsichtnahme ins Grundbuch möglich und auch Abschriften daraus werden erteilt.