Die Niederschläge sind gerade noch rechtzeitig für die Reben gekommen. Nun hoffen die örtlichen Winzer auf warme Tage und kühle Nächte. Wenn das Wetter jetzt noch bis zur Weinlese mitspielt, kann der 2015er ein richtig guter Jahrgang werden.

Feuerbach - Joachim Friedrich zupft in seinem Wengert beim Höhenweg am Lemberg nach dem Zufallsprinzip ein paar seiner Trollingertrauben von den Rebstöcken. Er packt die kleine Auswahl in eine Plastiktüte und zerdrückt diese zu einem Brei. Jetzt holt er sein Refraktometer aus der Hütte, klappt es auf und träufelt ein paar Tröpfchen von der Beerensoße darauf. Er schaut durchs Objektiv und sieht anhand der Skala: 60 Grad Oechsle. Und es ist gerade mal Anfang September. Seine einzige Sorge sind im Moment die Wespen, die einzelne Beeren anstechen.

 

Ein paar Schritte entfernt von Friedrichs Rebstockreihen gedeiht der Dornfelder von Fabian Rajtschan. Er hat zum Schutz vor Wespenstichen blaue Netze über die behangenen Teile der Reben gehängt: „Das klappt sehr gut“, sagt der erst jüngst ausgezeichnete Jungwinzer. Die blaue Farbe des Netzes scheint die Insekten so zu irritieren, dass sie, statt durchs rasterförmige Netz zu schlüpfen, wieder abschwirren, ohne Schaden anzurichten.

Kirschessigfliege ist kein Thema

Die aus Südostasien stammende Kirschessigfliege ist dagegen momentan kein Thema: „Wir haben in den Weinbaugebieten nahezu keinen Befall durch die Kirschessigfliege. Die Chance ist groß, dass wir in diesem Jahr einigermaßen ungeschoren davonkommen“, sagt Lothar Neumann. Der Weinbauberater mit Sitz im Landratsamt Heilbronn macht den Sahara-Sommer in diesem Jahr dafür verantwortlich, dass bisher lediglich einige Eiablagen im Raum Heilbronn registriert wurde. Die Schädlinge würden die trockene Hitze überhaupt nicht mögen, so Neumann weiter. Im Vergleich zum vergangenen Jahr seien deutlich weniger der Fliegen unterwegs, auch wenn von einer generellen Entwarnung noch nicht ausgegangen werden könne.

Insgesamt sieht die Prognose für den Herbst 2015 recht gut aus. Mostgewichte und Säurewerte der Weine versprechen gute Qualitäten. „Die Voraussetzungen für einen tollen Jahrgang sind jedenfalls gegeben“, meint Neumann.

Auch am Lemberg in Feuerbach sind sich die Weingärtner so weit einig: Wenn es jetzt nicht zu nass wird, und die Trauben in den kommenden fünf bis sechs Wochen genügend Sonne bekommen, dann könnte das ein Jahrgang mit entsprechendem Potenzial werden.

Vor allem den jüngeren Reben hat dieser Sommer zugesetzt

„Bei uns sieht es bisher gut aus“, sagt auch Ingrid Hörenberg. Irgendwelche Schäden gebe es nicht, die Trollingertrauben würden bereits eine schöne dunkle Farbe annehmen. Die teilweise sehr hohen Temperaturen und die Trockenheit über den Sommer haben die Rebstöcke im Weinberg der Hörenbergs, in dem auch Riesling gedeiht, gut weggesteckt: „Wir haben allerdings auch sehr alte Stöcke“, sagt die stellvertretende Vorsitzende beim Wein- Obst- und Gartenbauverein (WOGV) Feuerbach.

Ganz anders kann sich die Situation an trockenen und nicht so gut mit Wasser versorgten Standorten darstellen: Ganze Traubenteile hätten ihre Rebstöcke während der Hitzeperioden einfach fallengelassen und abgehängt, sagt die Wengerterin Marlies Maurer am Rande des Feuerbacher Kelterfestes. Manche Stöcke werfen bei Hitze Blätter ab, um das Überleben der Pflanze zu sichern. Aber es könne auch passieren, dass Teile der Trauben oder ganze Trauben absterben, bestätigt der Weinbauexperte Neumann.

Vor allem den jüngeren Reben hat dieser Sommer zugesetzt. „Die Junganlagen insbesondere bis zu einem Alter von vier Jahren bekamen diesmal Probleme. Ihre Wurzeln konnten nicht genug Feuchtigkeit aus dem Boden holen“, erklärt Friedrich. Deshalb musste Rajtschan eine Menge Wasser den Lemberg hochtransportieren und seine 2011 gesetzten Junglagen – wie Zweigelt Merlot und Cabernet Sauvignon – kräftig bewässern. Man half sich gegenseitig, lobt Rajtschan die gute Winzer-Kollegialität.

Lese wird wohl früher beginnen

Doch inzwischen hat sich die Lage entspannt: „Allzu viel regnen darf es jetzt aber nicht mehr. Tagsüber wären sonnige 23 bis 25 Grad gut und nachts darf es ruhig schön abkühlen“, meint Rajtschan. Denn vor allem die kühleren Nächte seien für die Aromenbildung der Weine sehr vorteilhaft.

Vermutlich wird die Lese diesen Herbst etwas früher beginnen. Fabian Rajtschan wird je nach Witterung und Reifegrad spontan entscheiden, wann er die Trauben vom Stock holt. Denn er will alle Möglichkeiten ausreizen: „Je länger die Trauben hängen, desto besser wird der Wein. Und wir wollen ja das Qualitätsmaximum erreichen“, sagt er.