Weil die S-Bahn noch immer unpünktlich ist, wird es wohl eine fünften S-Bahn-Gipfel in der Region geben. Doch eine genaue Analyse der vielen Störungen liegt noch immer nicht vor: die Bundesregierung gibt dazu keine Auskunft.

Stuttgart - Vier sogenannte S-Bahn-Gipfel hat es schon gegeben, die nichts anderes waren als Sitzungen des Verkehrsaussschusses der Regionalversammlung, auf denen Bahn-Vertreter wegen der Verspätungen abgewatscht wurden, worauf jene Verbesserungen versprachen. Viel geändert hat sich aber nicht: die Pünktlichkeitswerte der S-Bahn sind vor allem in der Hauptverkehrszeit nach wie vor weit entfernt von den vereinbarten Zielmarken und kaum verbessert gegenüber den Vorjahren. Dennoch wird es wohl einen fünften S-Bahn-Gipfel geben, wenn auch in anderen Form als bisher. Zudem versuchen die Grünen, von der Bundesregierung Auskunft über die technischen Störungen im Schienennetz der Region erhalten – allerdings noch ohne Erfolg.

 

Ein Thema in verschiedenen Variationen: Zum Auftakt der Etatberatungen im Verband Region Stuttgart beklagten die Redner aller Fraktionen die schlechte Situation im S-Bahnverkehr, in dem zu viele Verspätungen und Ausfälle gebe. Die Bahn sei in der Pflicht, endlich für Verbesserungen zu sorgen, beispielsweise indem sie die moderne Signaltechnik ETCS in der unterirdischen Stammstrecke einbaue, so der Tenor bei CDU, Grünen, SPD und Freien Wählern. Wie schon in den Vorjahren beantragten die Grünen und die SPD einen S-Bahn-Gipfel, der aber anders ablaufen soll als in den Vorjahren.

Grüne und SPD beantragen S-Bahn-Gipfel

„Nachdem die bisherigen S-Bahn-Gipfel keine Erfolge im Hinblick auf Pünktlichkeit und Qualität gezeigt haben, möchten wir uns nicht mehr mit bunten Folien und schönen Worten vertrösten lassen“, formulieren die Grünen. Ein weiterer S-Bahn-Gipfel solle vor der Sommerpause 2017 nur stattfinden, wenn die Bahn zu „konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Pünktlichkeit und Vermeidung von Zugausfällen sowie einen konkreten Umsetzungsplan mit messbaren Zielvorgaben“ Stellung nehmen könne.

Auch zu den Themen Sauberkeit, mehr S-Bahnhelfer in der Hauptverkehrszeit, bessere Fahrgastinformationen und Einführung von ETCS erwarte man mehr. „Die bisherigen Aussagen der Bahn auf den S-Bahn-Gipfeln sind uns zu wenig“, sagte der Grünen-Regionalrat André Reichel.

Auch die SPD-Fraktion will erneut einen S-Bahn-Gipfel. Selbst wenn Fraktionschef Harald Raß einräumt, dass die bisherigen „Ergebnisse eher bescheiden und hinter den Erwartungen liegen“. Die Treffen seien schon deshalb unabdingbar, weil die Fahrgäste zurecht messbare Erfolge erwarteten und nur so „der Druck auf die Verantwortlichen der Bahn aufrechterhalten“ werden könne.

Bundesregierung antwortet nicht auf Fragen

Noch immer freilich gibt es – zumindest in der Öffentlichkeit – keine genaue Analyse der Störungen. Das gilt insbesondere für Defekte in der Infrastruktur, also den Ausfall von Weichen und Signalen, fehlerhafte Oberleitungen und – wie zuletzt – gehäuft Brandfehlalarme im Stammstreckentunnel.

Licht ins Dunkel wollte die Grünen-Fraktion des Bundestags bringen. Doch die Antwort der Bundesregierung auf 17 Fragen zu Infrastrukturstörungen im Stuttgarter Schienennetz seit dem Jahr 2005 fiel ziemlich kurz aus. Die Daten würden dem Bund nicht vorliegen, regional bezogene Auswertungen würden seitens des Bundes nicht vorgenommen und wären mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden. Dies sei ohnehin Sache der Bahn, in deren unmittelbaren unternehmerischen Verantwortungsbereich die Fragen fallen würden.

Auch ein Beschwerdebrief der Grünen-Fraktion an das Bundesverkehrsministerium änderte – bisher – nichts an der Weigerung. „Um die Infrastruktur muss es arg schlecht sein, wenn die Regierung ihrer Auskunftspflicht gegenüber dem Parlament nicht nachkommt“, erklärte daraufhin der Filderstädter Abgeordnete Matthias Gastel, zumal das Ministerium die Daten bei der DB Netz AG beschaffen könne. Gastel vermutet: „Die wissen es, wollen es aber lieber nicht an die Öffentlichkeit kommen lassen, oder es interessiert sie schlichtweg nicht. Beides ist nicht akzeptabel.“

Der Abgeordnete forderte Bahn und Bund auf, den hohen Anteil an infrastrukturbedingten Störungen im Stuttgarter Netz genauer zu untersuchen und die Störungen auszuwerten. „Es sieht ganz danach aus, als ob substanzielle Modernisierungen unumgänglich sind, auch wenn das mit hohen Kosten verbunden ist“, sagte Gastel. Die Verlässlichkeit des S-Bahn-Systems müsse aber wieder hergestellt werden – daran „sollte auch die Bahn und ihr Eigentümer, der Bund, ein Interesse haben.“