21.07.2010 - 13:43 Uhr
Die Infrarotkamera bringt es ans Licht
Die Figuren wirken durch die Restaurierung plastischer, meint die Kuratorin Elsbeth Wiemann. Auch eine Frage, die Henning Antzen und Stephanie Dietz von Anfang an beschäftigte - nämlich ob die grünen Haare des Pontius Pilatus von Holbein stammen oder einer nachträglichen Behandlung zu verdanken sind - lässt sich nun beantworten: Jawohl, sie sind von Holbein. Der Meister war ein hervorragender Kolorist, und da es sich bei seiner "Grauen Passion" ursprünglich um Altartafeln handelte, war die Haarfarbe des römischen Statthalters auf Fernwirkung angelegt: Aus größerer Distanz erscheinen sie silbrig.
Vieles, was die Kunstwissenschaft bisher über Hans Holbeins Maltechnik nicht wusste, haben die Restauratoren unter der hochauflösenden digitalen Infrarotkamera erforscht. So lassen die sorgfältigen Vorzeichnungen unter der Farbe darauf schließen, dass dem Künstler, einem Porträtisten von Rang, vor allem die Gestaltung der Köpfe und Gesichter wichtig war, während er Gewandfalten oder Mobiliar wohl den Malern seiner Werkstatt überließ. Völlig offen bleibt jedoch die Provenienz der "Grauen Passion", die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts auf den Kunstmarkt kam. "Wir vermuten, dass sie ursprünglich für eine Augsburger Kirche gemalt wurde", sagt Elsbeth Wiemann, "aber nachweisbar ist das nicht." Dann scheucht Sean Rainbird die Journalisten aus der Werkstatt. "Diese Restaurierung ist wie ein Marathonlauf - aber auch bei dem gibt es keine Zeit zu verlieren."