Vom 8. bis 13. September werden elf Bildhauer aus Bäumen, die im Februar 2012 im Schlossgarten gefällt worden sind, Skulpturen schnitzen. Hinter dem Bildhauersymposium steht der junge Verein Geist und Geld.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Wer etwas auf sich hielt im 18. und 19. Jahrhundert, wer es sich leisten konnte und die Kunst mochte, der eröffnete einen literarischen Salon. Auch in Stuttgart haben damals Adlige, vermögende Bürger und arrivierte Künstler zu Kammermusik, Vernissagen oder Lesungen gebeten. An diese Idee des Salons, in dem Geist und Geld, Kultur und Kunstliebhaber, Wissenschaft und Wirtschaft in harmonische Beziehungen traten, will der vor zwei Jahre gegründete Stuttgarter Verein Geist und Geld anknüpfen. Es gehe darum, so Ralf Kaudel, einer der Vorstände des Vereins, diese Pole wieder zu vereinen: „Heute dominiert doch eindeutig der Konsum. Wir wollen Brücken bauen.“

 

Er selbst ist nach einer Karriere in Privatbanken heute selbstständiger Finanzberater, möchte aber den Kontakt mit der Kunst und die Inspiration durch die Kunst nicht missen. Mit im Vorstand sitzt der Galerist Stefan Zimmermann, von dem die eigentliche Idee für den Salon stammt. Statt aber einfach den Verein zu gründen, hatten Kaudel und Zimmermann im Juni 2011 zunächst Künstler, Rechtsanwälte und Werbeschaffende an einen Runden Tisch gebracht – erst aus der Diskussion von rund 45 Menschen erwuchs dann die äußere Form des Vereins, der im Mai 2012 dann eingetragen wurde. Diese lockere „Tafelrunde“ hat im Übrigen allen so gut gefallen, dass man sie beibehielt – einmal im Monat trifft man sich und diskutiert bei Häppchen über Kunst, Philosophie und Ökonomie.Das größte Projekt in diesem Jahr zieht schon jetzt einige Aufmerksamkeit auf den Verein: Vom 8. bis 13. September werden elf Bildhauer aus Bäumen, die im Februar 2012 im Schlossgarten gefällt worden sind, Skulpturen schnitzen. „Gefällt“ heißt denn auch das doppeldeutig gedachte Motto der Veranstaltung, die der Künstler David Baur initiiert hat. Täglich von 14 bis 18 Uhr kann das Publikum der Arbeit der Künstler auf einem Parkplatz an der Parlerstraße auf dem Killesberg zuschauen, anschließend soll es einen Stammtisch geben, an dem Bildhauer und Zuschauer ins Gespräch kommen. Bewusst will man die Kunst so in den öffentlichen Raum zurückholen – auch das ist eines der Ziele des Vereins.

Symposium endet mit einer Vernissage

Zwar hat es zuletzt interne Auseinandersetzungen über die Organisation des Projekts gegeben, aber im Kern ist man sich einig: Es geht darum, das politisch aufgeladene Material der Bäume künstlerisch so zu verwenden, dass eine Diskussion entsteht über die Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Man darf deshalb sehr gespannt auf die Skulpturen sein. Eine politische Debatte über Sinn und Unsinn von Stuttgart 21 sei aber nicht intendiert, sagt Ralf Kaudel. An dem Symposium nehmen teil: Oliver Braig, Thomas Diermann, Thomas Putze, Michl Schmidt, Lena Schorno & Simea Menzel, Martin Fürbringer & Philipp Moll, Andreas Welzenbach, Jo Winter sowie Johann Wittchow. Es endet am Samstag, 13. September, um 16 Uhr mit einer Vernissage der entstandenen Arbeiten.

Derzeit hat der Verein etwa 35 Mitglieder – trotz dieser geringen Größe hat er in den zurückliegenden zwei Jahren mehrere größere Veranstaltungen gestemmt. Der Auftakt war im Juli 2012 mit dem Hirnforscher Manfred Spitzer – für Ralf Kaudel war dies ein Glücksfall, weil Spitzers These gelautet habe: Glück entstehe nicht durch Konsum, sondern durch gemeinsames Erleben. „Das ist doch fast das Motto unseres Vereins“, so Kaudel. Damit die Abende einen besonderen Charme bekommen, bleibt es nicht beim puren Vortrag. Als zum Beispiel Thomas Knubben von seiner literarischen Wanderung auf den Spuren Hölderlins von Nürtingen nach Bordeaux berichtete, schenkte der Sommelier Bernd Kreis passend zu jeder Station Weine aus Württemberg, dem Elsass, dem Burgund und dem Bordeaux aus.Eine weitere Idee ist gerade in der Entstehung: die eines Fonds, durch den Kunst für jeden erlebbar werden soll. Nach dem genossenschaftlichen Prinzip könne jeder Interessierte, sagt Ralf Kaudel, einen Beitrag in den Fonds einzahlen und erwerbe dadurch das Recht, Kunstwerke für eine gewisse Zeit auszuleihen. Bilder oder Skulpturen, die man sich sonst nie leisten könnte, hängen auf diese Weise plötzlich mitten im heimischen Wohnzimmer.