Auf Einladung der Universität Hohenheim und des Internationalen Biogaszentrums IBBK treffen sich Experten in Stuttgart, um über die Potenziale von Biogas zu reden. Sie sehen weitere Chancen – mit Abfällen aller Art.

Stuttgart - Biogas hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Deutschland sei auf diesem Gebiet weltweit führend, wie Michael Köttner betont, der Chef des Internationalen Biogaszentrums IBBK. Nach seinen Worten gibt es hierzulande etwa 8000 Biogasanlagen und 1200 Anlagen, die Abfälle und Klärschlamm verwerten. Vier Prozent des bundesdeutschen Stromes würden durch Biogas erzeugt. Die hierfür erforderliche Gasmenge entspreche 20 Prozent der aus Russland importierten Menge.

 

Das Potenzial ist allerdings noch lange nicht ausgeschöpft. Allein wenn die Möglichkeit, aus Gülle Biogas zu erzeugen, vollständig genutzt würde, könnte man noch doppelt so viel Biogas produzieren wie heute, sagt Köttner. Auch Abfälle aller Art, etwa alte Lebensmittel oder Holzreste, bergen noch viele Möglichkeiten. Doch um die Ressourcen optimal nutzen zu können, ist viel Forschung erforderlich. Hier hat sich die Universität Hohenheim in den vergangenen vier Jahrzehnten einen Namen gemacht. So ist es nur folgerichtig, dass sie zusammen mit dem IBBK in Stuttgart nach 2007 und 2011 die mittlerweile dritte Internationale Konferenz „Fortschritt bei Biogas“ organisiert hat.

Deutlich wurde auf dem Kongress, dass diese alternative Energiequelle aber noch nachhaltiger und umweltfreundlicher werden muss, wenn sie sich kräftig weiterentwickeln will. Das aber ist schwierig, weil der bisher flotte Ausbau von Biogasanlagen durch das geänderte Einspeisungsgesetz für Erneuerbare Energien seit 1. August massiv gebremst wird. Schädlich für die Biogasbranche war auch die Diskussion, ob Nutzpflanzen nicht eher als Nahrungs- und Futtermittel denn als Energielieferant dienen sollten. Von Umweltschützern angeprangert wird zudem der intensive Maisanbau zur Versorgung von Biogasanlagen. Daher wurde auf der Tagung mehrfach betont, dass man sich neben der Biogas-Produktion aus Pflanzenmasse verstärkt um die Verwertung organischer Abfälle kümmern müsse. Zunehmend interessant wird auch die Nutzung von bisher oft brach liegender Biomasse, etwa von Stroh – oder von Gras und anderen Pflanzen, die bei der Pflege von Naturschutzgebieten anfallen.

Die guten Erfahrungen der nordischen Staaten

Zu den „zukunftsträchtigen“ Rohstoffen für Biogasanlagen zählen neben Biomüll und Nahrungsmittelabfällen aber auch Festmist und Gülle. So ist es sinnvoll, diese zunächst energetisch zu nutzen, bevor sie als Dünger weiterverwertet werden. Allerdings liegt der Anteil der solchermaßen genutzten Gülle in Baden-Württemberg erst bei 15 Prozent des insgesamt anfallenden Güllevolumens. Laut Wolf-Dieter von Bülow, der beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz für nachwachsende Rohstoffe zuständig ist, werden im Land auch künftig kleinere Anlagen bis maximal 75 Kilowatt elektrischer Leistung besonders gefördert, wenn sie weitestgehend mit Gülle befüllt werden.

Interessant für die Tagungsteilnehmer waren auch die Erfahrungen skandinavischer Experten. Biogas hat in den nordischen Ländern bereits einen hohen Stellenwert, etwa in Schweden als Spritquelle für Autos, Busse und Lastwagen, wie Mohammad Taherzadeh von der Universität von Boras in Südschweden berichtete. Dabei ist man mit der Verwertung organischer Abfälle, etwa Biomüll aus Haushalten, in Biogasanlagen schon sehr weit. Inzwischen wird mehr als die Hälfte des produzierten Biogases weiterverarbeitet, sodass es als Sprit genutzt werden kann. Hierzu muss das im Rohbiogas enthaltene Methan von Kohlendioxid und schädlichen Nebenprodukten wie etwa Schwefelwasserstoff befreit werden, wofür es verschiedene Verfahren gibt. Als komprimiertes Biogas (CBG oder CNG) dient es zum Antrieb in Autos, während es als Flüssiggas (LBG, LNG) vor allem in bisher etwa 700 Lastwagen eingesetzt wird. Dort ermöglicht es eine Reichweite von tausend Kilometern.