Wie arbeitet eigentlich ein VJ? Christian Herbstreuth ist in der ganzen Republik unterwegs und bespielt die großen Festivals.

Stuttgart - Von der Nature One in Kastellaun zum Sonne Mond Sterne Festival (SMS) in Saalburg – der Stuttgarter VJ Christian Herbstreuth ist gefragt. Stadtkind sprach mit dem Künstler der bewegten digitalen Bilder auf was es beim Vjing ankommt. Wer Herbstreuth hierzulande live erleben will: Am 30. August schiebt er die Pixel beim Carry On in Esslingen über die Leinwände.

Du bist, wie viele deiner Kollegen, von der statischen Grafik zu bewegten Bildern bekommen. Wie ging deine VJ-Laufbahn los?
Ich mache seit einigen Jahren eine ganze Menge an Print für Stuttgarter Veranstalter und Clubs, war außerdem Veranstalter und DJ – so hatte ich schon mal gute Kontakte. 2008 traf ich Max und Willy von Frischvergiftung, die zu der Zeit mit dem VJing begonnen hatten und buchte sie für einen meiner Events im Colibri (ehemaliger Club neben dem Keller Klub, d. Red.). Die beiden haben mich sicherlich mehr als beeinflusst. Den ersten richtigen VJ-Gig hatte ich dann Anfang 2009 - danach ging es dann auch gleich richtig los. Seitdem spiele ich ca. 50 Shows im Jahr.

Also im Schnitt quasi einmal die Woche. Wenn man aus der statischen Grafik kommt, wächst man als VJ mit den Aufgaben, oder fängt man komplett neu an?
Wie bei allem fängt man klein an, wird im Laufe der Zeit technisch versierter und anspruchsvoller – vor allem wenn man sich in die gängigen Programme erst einmal einarbeiten und sich jeden Schritt selber beibringen muss. Herangehensweisen habe ich verschiedene, bzw. ergibt sich das von Fall zu Fall. Gelegentlich lasse ich mich von Clips aus dem Web oder Sets von Kollegen inspirieren. Meistens überlege ich mir: Wie müsste eine Animation aussehen, die mich als Gast beeindrucken würde, wenn ich sie auf einem Event sehe? Dann suche ich nach Animationstechniken um das entsprechend umzusetzen.

Gutes Stichwort, die Vorbereitung. Ein guter, gewissenhafter DJ bereitet sich auf einen Gig vor, selektiert für den nächsten Auftritt seine Plattenkiste, bzw. heutzutage eher USB-Sticks, Laptops oder CDs...
In der Regel produziere ich für einen Event ein paar Clips, die auf die Veranstaltung zugeschnitten sind. Gelegentlich werden auch komplette Shows bestellt. Da muss dann von Grund auf alles neu animiert werden. Zusätzlich erweitere ich ständig meinen Pool an eigener Footage, was eine wirklich zeitraubende Tätigkeit ist. Fertige Clips zu kaufen oder runter zu laden kommt nicht in Frage.

 

Du bist in der Techno-Szene verwurzelt. Sind Visuals eine Sache, die speziell mit elektronischer Musik gut funktionieren, oder würde das deiner Meinung nach auch z.B. zu einem HipHop-Festival passen?
Ein durchgängiges Mixing ohne wilde Breaks vereinfacht eine Untermalung mit Visual. Das fließt dann schön zum Sound. Gelegentlich spiele ich auf Events mit anderer Musik, da kommt man schon in Versuchung mit jedem neuen Track auch ein neues Bild zu composen, was dann aber eher hektisch wird.

Egal wie die Musik spielt: Machen Visuals deiner Meinung nach eine Party besser als die reine Lichtanlage?
Wenn sie gut sind – auf jeden Fall!

Wie ist die Nachfrage nach VJs? Der VJ-Einsatz geht in einigen Läden auch oft aufgrund räumlicher Gegebenheiten nicht – die Location benötigt eine gewisse Größe. Gibt es einen Trend?
In der Zwischenzeit haben Veranstalter glücklicherweise bemerkt, wie sehr Visuals einen Event aufwerten können. Meist scheitert es eher am Budget oder – wie schon gesagt – wirklich an den räumlichen Gegebenheiten. Anfragen kommen zuhauf.

Was waren unter den Anfragen bislang dein größter Gig bzw. die größte und aufwendigste Arbeit?
Das größte Publikum war auf der Mainstage bei der Sonne Mond Sterne 2012, das Anspruchsvollste ein 19 Beamer-Setup auf dem Mapping Festival 2010 in Genf und die anstrengendsten, aber auch wildesten Shows sind die 12 Stunden Gigs für Joseph Capriati, den ich gelegentlich auf seiner Self Portrait Album Tour begleite. Die aufwändigste Arbeit ist sicher meine gesammelte Footage, die ich im Lauf der jetzt beinahe sechs Jahre animiert habe – da ist einiges an Zeit dafür drauf gegangen.

Welcher technischer Fortschritt hat dir deine Arbeit dabei erleichtert?
Schnellere Rechner und bezahlbare DVI Mixer.


Mehr Infos unter: www.afreemind.net