Den StZ-Lesern ist er besser bekannt als Luff, bei der Veranstaltungsreihe Stuttgarter Zeitung direkt ist der Karikaturist Rolf Henn am Mittwoch aber als er selbst aufgetreten. Augenzwinkernd erklärte er, warum er „keinen anständigen Beruf“ habe.

Stuttgart - Jetzt noch die Frisur, die nicht so voll – und fertig ist der Helmut Kohl!“ Rolf Henn, bekannt unter seinem Künstlernamen Luff, schwingt seine Arme durch die Luft. Die Zuschauer im Treffpunkt Rotebühlplatz sollen den Namen gemeinsam aussprechen. Im Robert-Bosch-Saal haben sich viele eingefunden haben, um in der Reihe „Stuttgarter Zeitung direkt – VHS Pressecafé“ jenen Karikaturisten zu erleben, der für diese und 14 weitere Zeitungen mit spitzer Feder seit Jahren das politische Geschehen in Bildern kommentiert.

 

Kaum hat Luff den Altbundeskanzler mit wenigen prägnanten Strichen als Schnellkarikatur auf das Papier eines Flipcharts gesetzt, erklärt er, warum er „keinen anständigen Beruf“ hat. „Ich zeichnete, bevor ich laufen lernte – und das tat ich in normalem Alter. Die Faszination, eine Spur zu hinterlassen, hat mich bis heute nicht losgelassen“, so der Mann, dessen Herkunft aus dem pfälzischen Idar-Oberstein nicht zu überhören ist. Für diesen Abend habe er aber „extra schwäbisch“ gelernt. Treffend imitiert er die Stimme von Winfried Kretschmann, als er ihn karikiert: „Die Stirne steil nach oben geht, darauf die weiße Bürste steht.“

Für das erste Werk gab es magere 40 Mark

Als Henn 1987 an der Universität Mainz Kunst und Kunsterziehung studierte, habe er seine erste Karikatur verkauft: den damaligen Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann als Totengräber von Stahl und Kohle. Aber ein Kumpel steigt aus dem Sarg, den Klauenhammer im Anschlag. „Dafür bekam ich 40 Mark, da wurde mir schnell klar, eine Zeitung allein reicht nicht.“ Als Luff vor fast 30 Jahren dann mit der Stuttgarter Zeitung seinen Vertrag abschloss, sei es aufwärts gegangen, schmunzelt er, um lakonisch aufzuzählen, welche Voraussetzungen es für den Beruf brauche. „Die Eigenschaften, die immer mit Erfindungen einhergehen: den Hang zur Bequemlichkeit, mit möglichst wenig Strichen seinen Lebensunterhalt zu verdienen.“ Und wenn dann die Zeichnung klar daherkomme, nichts den Blick aufs Wesentliche verstelle, Technik, Spontaneität und Dynamik sich träfen, dann habe man aus der Not eine Tugend gemacht.

„Das Ergebnis ist dann mitunter vom geschilderten Ideal ein Stück weg“, sagt Luff. „Und davor liegt eine stundenlange Gehirnmarter“, gehe es doch darum, eine komplexe Sachlage einfach darzustellen, so dass sie jeder versteht – mit Hilfe von Konventionen, Allgemeinwissen, Ritualen, Sprüchen oder auch Tieren, auf die menschliche Eigenschaften übertragen werden. „Am Anfang steht hier – nicht nur bei Johannes – das Wort: eine griffig formulierte Aussage zu einem Thema, die zugespitzt, moralisch wertend in eine passende Metapher umgesetzt wird.“

„Bis dass der Henkel bricht“

Und wie viele er davon über die Jahrzehnte „reinszenierte“, zeigen seine Beispiele. So unterschrieb er etwa eine Szene mit Hans-Olaf Henkel, Ex-BDI-Präsident und einstiger AfD-Gründer, mit „bis dass der Henkel bricht“. Dieser wird im Fond eines AfD-Cabrios durchgeschüttelt, an dessen Lenkrad Frauke Petry reißt. Ein russischer Oppositioneller ist bei Luff am Schuhwerk zu erkennen – ein Fuß steckt im Sarg. Und Merkels Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes läuft offensichtlich offline: Sie blickt in einen gestreiften Bildschirm – mit Rücken zum Leser. „Eine Person muss man auch von hinten erkennen können“, so Luff. Und Karikatur dürfe zwar alles, aber jeder ziehe seine eigenen Geschmacksgrenzen. „Ich würde diese enger setzen als die Redaktion von ,Charlie Hebdo’ und nie eine Religion verunglimpfen.“