Für den neuen OB ist wegen der Kostenexplosion bei Stuttgart 21 die Legitimation der Volksabstimmung geringer geworden – das sagte Fritz Kuhn (Grüne) vor etwa 600 Leserinnen und Lesern bei „StZ im Gespräch“.

Stuttgart - Zwei Tage nach seiner Amtseinführung hat der neue Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) angekündigt, dass er von der Bahn mehr Transparenz beim Projekt Stuttgart 21 erwartet. „Organisiertes Wegschauen gibt es bei uns nicht“, sagte er mit Blick auf das Desaster beim neuen Berliner Flughafen. „Ich werde kein Oberbürgermeister sein, der sich nach acht Jahren den Vorwurf machen lässt, es wäre hier wie bei Wowereit“, so Kuhn im Haus der Wirtschaft bei der Veranstaltung „StZ im Gespräch“. Das Stadtoberhaupt stellte sich bei seinem ersten offiziellen Termin außerhalb des Rathauses vor 600 Zuhörern auch den Fragen von Leserinnen und Lesern der Stuttgarter Zeitung.

 

Dabei stand neben vielen Feldern der Kommunalpolitik vom Wohnungsbau über die Kinderbetreuung bis zur Energiewende das Projekt Stuttgart 21 im Mittelpunkt. Kuhn bekräftigte seine Kritik an der Bahn und sieht das Vorhaben wegen der erst im Dezember vom Bauherrn eingeräumten Kostensteigerung von 4,5 auf mindestens 5,6 Milliarden Euro in einer Vertrauenskrise. Auf die Frage, ob er das Projekt infrage stelle, sagte Kuhn: „Die Bahn stellt es infrage.“ Auf der Grundlage, dass weder Stadt noch Land mehr Geld geben werden, müsse der Aufsichtsrat der Bahn entscheiden, ob er das Projekt fortsetzen wolle. „Auch die Befürworter müssen sich die Fragen stellen, ob die Bahn das technisch leisten kann und die finanzielle Power hat.“

Stärkeres Engagement im sozialen Wohnungsbau

Kuhn erklärte, auch für ihn gelte das Ergebnis der Volksabstimmung zu Stuttgart 21, „aber die Legitimationsgrundlage bröselt“. Bei der Abstimmung hätten die finanziellen Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle gespielt. Angesichts der Kostenexplosion „stehen hinter der Legitimation nun aber ein paar Fragezeichen“. Kuhn sagte, er würde es begrüßen, wenn S 21 nicht gebaut würde, aber „dann wird es nicht einfacher und nicht gemütlicher“. Er mache sich dann in gleicher Intensität Sorgen um die Zukunft des Hauptbahnhofs. Weil in den vergangenen Jahren wenig in die Gleisanlagen investiert worden sei, „haben wir einen Sanierungsfall mitten in der Stadt“, sagte Kuhn: „Auch die Alternativen werden kompliziert.“

Der OB kündigte an, dass die Stadt sich im sozialen Wohnungsbau stärker engagieren werde. Auch in der City müsse es bezahlbaren Wohnraum geben. „Wir haben genug Einkaufszentren, wir müssen dort auch sozial gemischt wohnen können“, sagte Kuhn.