Tutku Gülsu Şahin mixt nachts Gin Tonic. Tagsüber fotografiert sie mit Vorliebe ihre Stadt. Die gebürtige Stuttgarterin kapert für eine Woche den Kanal der Stuttgarter Zeitung, ehe sie, wie viele ihrer Altersgenossen, nach Berlin auswandert.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Wer in einer stinknormalen Samstagnacht in der Bar Tatti im Fluxus am Rotebühlplatz hinter dem Tresen steht, muss die Ruhe weg haben. Das Tatti ist ein kleines Stadion der Eitelkeiten. Renommierte Blogger feiern hier rauschende Feste. Die Bar ist ein Spielfeld der Jeunesse dorée dieser Stadt, ein Hexenkessel, in dem man mitunter vom Hocker gehauen wird, weil mancher Gast die Nerven verliert, wenn er seinen Gin Tonic („Aber bitte nicht mit Thomas Henry, unter Fentimans mache ich es nicht!“) nicht so schnell bekommt wie seine Likes bei Instagram.

 

Tutku Gülsu Şahin heißt nicht nur wie Nuri Şahin, der bei Borussia Dortmund zwar selten spielt, mannschaftsintern aber nur der „Boss“ genannt wird. Sie ist auch eine der Spielmacherinnen der Bar, die von Paul Benjamin Scheibe und Marcus Philipp trainiert, Pardon, betrieben wird. Wie Andrea Pirlo zu seinen besten AC-Mailand-Zeiten spielt Tutku Gülsu Şahin mit Grandezza Getränke in die Untiefen des Raumes, maßregelt unhöfliche Gäste so bosshaft wie charmant und achtet beim Espresso fast schon etwas pedantisch auf die perfekte Crema.

Menschen, die in einer Bar arbeiten, haben oft ein Leben neben dem Tresen

Für viele Gäste ist es ja oft erschreckend, dass Menschen, die in einer Bar arbeiten, auch ein Leben abseits ihres Tresens haben. So auch Tutku Şahin. Die gebürtige Stuttgarterin – „mit deutschem Pass!“, wie sie betont – fotografiert gerne, interessiert sich für Psychologie und beginnt im Wintersemester ein Kommunikationsdesign-Studium in Berlin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft.

Dabei ist die 22-Jährige kein klassisch-schwäbischer Berlin-Flüchtling, der in Stuttgart nicht erfüllte Träume auf die Hauptstadt projiziert. „Diesen Berlin-Hype habe ich nie verstanden. Mir ging es um die Qualität der Hochschule“, sagt sie. „Dass sich mein Leben künftig nicht mehr auf sieben Straßen beschränken wird, ist ein hübscher Nebeneffekt.“

Bei Instagram Inspiration für die Mappe besorgt

Stuttgart kennt Şahin wie ihre Skinny-Jeans-Tasche. Mit Dresden hat sie es mal versucht, wurde mit der Stadt aber nicht warm. „Und das war lange vor Pegida“, sagt sie. „Ich wollte dort Soziologie und Kommunikation studieren, hatte als 19-Jährige im Winter in Dresden aber einfach nur Heimweh.“ Auch mit Plieningen hat es später nicht gefunkt, an der Uni Hohenheim hat sie zwei Semester Wirtschaftswissenschaften studiert.

Nun soll es also Kommunikationsdesign sein. Für ihre Mappe hat sie viel bei Instagram recherchiert. „Das funktioniert mittlerweile wie Pinterest. Man holt sich Inspiration, entdeckt einen spannenden Künstler, schaut, wen der oder die alles abonniert hat und dringt so weiter in die Tiefe vor.“ Seit vier Jahren hat sie ein Profil bei der Foto-Plattform, seit zwei Jahren interessiert sie sich ernsthaft für Fotografie.

Erschreckende Diskrepanz zwischen Realität und Instagram

Aus der für Instagram so typischen Fitness-, Reisen- und Selfie-Phase ist sie nach eigenen Angaben längst entwachsen. „Diese Diskrepanz zwischen Realität und echtem Leben ist auf Instagram oft sehr erschreckend. Die ganzen Travel-Blogger, die ihr eigenes Leben als ewig währenden Urlaub inszenieren, kann ich einfach nicht ernst nehmen.“

Diese Woche nimmt Tutku Şahin die User der Stuttgarter Zeitung mit auf eine etwas andere Reise durch Stuttgart. Bis zum kommenden Sonntag übernimmt sie den Instagram-Kanal der StZ, um auf unserem Profil ihre Lieblingsbilder zu posten.

Jetzt bewerben: unsere Leser kapern unseren Instagram-Kanal

Der Instagram-Kanal der Stuttgarter Zeitung wird jede Woche von einem anderen Nutzer gekapert. Der rote Faden dabei: der Bezug zu Stuttgart und der Region in den Bildern. Bei der Bildsprache gibt es dagegen keine Vorgaben. Die StZ will mit der wöchentlichen Kanalübernahme zeigen, wie abwechslungsreich die Foto-Plattform Instagram auch und gerade in Stuttgart ist.

Du würdest auch gerne mal unseren Kanal kapern, weil du den größten Katzen-Fotos-Account der Stadt betreibst? Keiner schießt schönere Selfies im Sonnenuntergang am Hans-im-Glück-Brunnen? Du hast dich auf zeitgenössische Schwarz-Weiß-Fotografie in der Zahnradbahn spezialisiert? Dann schicke uns deine Bewerbung per Mail an instagram@stuttgarter-zeitung.de.