In der Reihe StZ-Kinomatinee ist am Sonntag, dem 4. Oktober, der ghanaische Regisseur King Ampaw mit „No Time To Die“ im Atelier am Bollwerk zu Gast. Im Gespräch äußert er sich wenig schmeichelhaft über die Kunst vieler Kollegen.

Stuttgart - Über Afrika wird in den Medien derzeit viel geredet. Aber zu Wort kommen vor allem die Europäer. In einer Reihe von Sonntagsveranstaltungen haben die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Arthaus Filmtheaterbetriebe daher in den vergangenen Monaten Filme aus Afrika präsentiert, solche, die mitten hineinführen in Krisenherde, und andere, die Afrika nicht nur als desolates Herz des Chaos zeigen.

 

Am Sonntag, 4. Oktober, um 11.30 Uhr ist im Atelier am Bollwerk nun „No Time to Die“ zu sehen, eine Liebes – und Schelmengeschichte um einen Leichenwagenfahrer. Der ghanaische Regisseur King Ampaw wird persönlich zu Gast sein und vom Filmemachen in Afrika erzählen. Der 1940 geborene Ampaw hat einst in der DDR studiert und spricht gut Deutsch. Und manches am afrikanischen Kino, merkt man im Gespräch mit ihm, sieht er fast schon mit kritischen deutschen Augen.

Herr Ampaw, was hat Sie eigentlich bewogen, den in Ihrer Jugendzeit in Ghana höchst ungewöhnlichen Beruf des Filmemachers zu ergreifen?
Das war so nicht geplant, als ich zur Ausbildung in die DDR kam. Ich wollte eigentlich Feinmechanik studieren. Aber die Behörden trauten den Qualifikationen nicht, die meine Kommilitonen und ich aus Afrika mitbrachten. Wir sollten vor dem Studium alle noch eine praktische Grundausbildung durchlaufen. Ich wurde dazu nach Dresden zur Firma Pentacon geschickt, wo damals Fotoapparate und Filmkameras hergestellt wurden. Und im Kontakt mit diesen Apparaten wurde mir klar, ich will sie nicht bauen, ich will sie anwenden. Das rührte natürlich an eine alte Liebe aus Kindertagen. Mein Vater war vergleichsweise wohlhabend, wir gingen regelmäßig ins Kino und schauten uns zum Beispiel Western an. Das kam alles wieder hoch, und so wechselte ich die Fachrichtung. Leicht war das nicht, ich musste erst einmal die Aufnahmeprüfung in Potsdam-Babelsberg bestehen.
Leicht ist es ja auch danach nicht geworden. Wie waren die Mühen des Filmemachens in Ghana damals, verglichen mit heute?
Ach, es hat sich fast nichts verändert. Natürlich gibt es heute mehr technische Möglichkeiten. Damals fehlte die ganze Infrastruktur. Aber es war ein zweifelhaftes Glück, dass dann die Videotechnik kam und das Filmemachen schneller möglich war. Jede Menge Leute produzierten drauf los, die keine Ahnung vom filmischen Erzählen hatten und auch nichts mehr dazu lernten. Die arbeiteten ohne Plan und Stil. Die klassische Herangehensweise, man entwickelt einen Stoff, schreibt ein Drehbuch, sucht einen Produzenten, stellt sein Team passend zusammen, ist immer noch die Ausnahme. Vieles, was in Afrika gedreht wird, kann man sich nicht anschauen.
Das europäische Auge stört sich manchmal am harten Aufeinanderstoßen von Szenen, an einer Mischung aus Wiederholungen und Auslassungen. Bezieht sich da afrikanischer Film manchmal auf eine ganz andere Erzähkultur?
Überhaupt nicht. Das hat gar nichts mit afrikanischer Kultur zu tun, die beherrschen einfach ihr Handwerk nicht. Es gibt nur eine Filmsprache, und die ist universal. Das ist ja das Großartige am Kino. Wir sprechen alle dieselbe Sprache, Halbnahe, Totale, Nahaufnahme, all das ist überall gleich.
Sie erzählen in Ihren humorvollen Filmen oft von einem umtriebigen Afrika, in dem Geschäfte und Menschlichkeit einander in die Quere kommen. Gelten Sie zuhause eher als kritischer oder als sanfter Regisseur?
Leider bin ich fast der einzige von meinen Kollegen, der solche Filme macht und solche Themen bearbeitet. Das ist dann eben das afrikanische Kino, das auch in Europa wenigstens auf Festivals gezeigt wird. Die ungeschulten Kollegen erzählen oft sehr grobe, einfache Geschichten, egal, ob es um Liebe oder Gewalt geht. Das afrikanische Kino hat noch einen weiten Weg vor sich. Um so wichtiger ist es, dass auch die Menschen in Europa diese Filme unterstützen.
Termin: Sonntag, 4. Oktober, 11.30 Uhr, Atelier am Bollwerk. Filmvorführung „No Time to Die“, anschließend Gespräch mit King Ampaw