Die Entwicklung in den Großstädten wird entscheidend dafür sein, ob die Energiewende gelingt. Das ist ein Fazit des StZ-Kongresses „Stadt der Zukunft“. Aber, wie EnBW-Chef Frank Mastiaux sagt: „Viele Geschäftsmodelle sind erst in der Entwicklung.“

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Entwicklung in den Großstädten wird entscheidend dafür sein, ob die Energiewende gelingt. Nur ist diese dort, anders als in vielen ländlichen Gebieten der Republik, bisher kaum angekommen. Zu diesem Schluss kamen die Teilnehmer der Debatte zum Thema „Energiewende in der Stadt“.

 

Der international tätige Ingenieur, Architekt und Hochschullehrer Werner Sobek aus Stuttgart malte ein düsteres Bild der Weltlage angesichts der künftig noch deutlich stärker wachsenden Erdbevölkerung und einem entsprechenden Ressourcenverbrauch. Deshalb hält Sobek die Planziele für Energieeinsparungen auch in Deutschland für zu gering. Dies machte er am Beispiel der Altbausanierung deutlich. Umfangreiche Erneuerungen des Altbestandes seien viel zu teuer, weshalb man auch nur Quoten von etwa 0,8 Prozent des Bestandes pro Jahr erreiche. Der Hochschullehrer setzt deshalb darauf, neue Wege in der Bau- und Energietechnik zu gehen. Sein Konzept des „Aktivhauses“ soll es möglich machen, dass Neubauten künftig bis zum Doppelten der Energie erzeugen, die sie selbst benötigen und die Altbauten mitversorgen könnten. Letztere könne man dann nach niedrigeren Standards sanieren. Anfang Juli geht an der Weißenhofsiedlung sein Modellhaus „E-Lab“ in Betrieb, das das Le-Corbusier-Haus nebenan versorgt.

Jürgen Köhler, der Leiter der Region Südwest von Siemens Deutschland, sieht in einer intelligenten, IT-gestützten Infrastruktur ein zentrales Element der Energiewende. So lasse sich in großem Umfang Energie sparen. Als Beispiel nannte er das Berliner Kulturforum mit Philharmonie, Staatsbibliothek und Neuer Staatsgalerie. Siemens habe sich verpflichtet, in zehn Jahren dessen Energieverbrauch um 30 Prozent zu reduzieren. Solche Contracting-Modelle, das zeigte die Diskussion, gibt es bisher aber nur für große Einrichtungen, nicht für kleinere Kunden.

Widersprüche in der Energiewende

„Viele Geschäftsmodelle sind erst in der Entwicklung“, stellte Frank Mastiaux, der Vorstandsvorsitzende der Energie Baden-Württemberg (EnBW), fest. Am Beispiel der Stadt Leutkirch im Allgäu schilderte Mastiaux, wie das Unternehmen gemeinsam mit der Kommune und den Bürgern das Pilotprojekt nachhaltige Stadt realisiere, zum dem auch zwei große Solarparks gehören. „Elemente dieses Modells lassen sich auch auf Großstädte übertragen“, sagte der EnBW-Chef. Denn die Energiewende müsse „auch in der Stadt Einzug halten.“

Der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner, der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen ist, war es, der auf Widersprüche der Energiewende hinwies. Er sprach von einer „Entsolidarisierung“ zu Gunsten etwa von Hauseigentümern, die ihre angestrebte Energieautonomie durch das Energieeinspeisegesetz (EEG) bisher gut subventioniert bekämen, anders als Mieter. Die Kosten, die für die Versorgungssicherheit entstünden, könnten dann Institutionen wie Stadtwerke tragen, deren Rentabilität deutlich sinke.