Elf Leser konnten unter der Anleitung des Sternekochs Philipp Kovacs im Restaurant Goldberg ein Menu zubereiten und anschließend in der Weinlounge die Ergebnisse genießen. Und sie haben den einen oder anderen Insidertipp des Profis mitgenommen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Fellbach - Der Name ist ganz unbescheiden und lässt einiges erwarten: Gold für den Gaumen? Elf küchenaffine Leserinnen und Leser wurden für den Kochkurs bei dem Küchenchef Philipp Kovacs im Sternerestaurant Goldberg in Fellbach ausgelost. Eines lässt sich gleich vorwegnehmen: Beim abschließenden Essen in der Weinlounge mit einer kräftigen roten Cuvée von den Fellbacher Weingärtnern kommentieren sie unisono die Frage „Schmeckt’s?“ mit schallendem Gelächter – so absurd scheint sie. „Wir sind hochzufrieden mit uns“, kommentiert Marita Wurm schelmisch die Hauptspeise auf ihrem Teller: Rinderrücken mit Kartoffel-Artischocken-Gemüse an Schalottenmarmelade. Das Lob gilt dem Küchenchef, der mit geradezu stoischer Ruhe an allen Ecken und Enden der Großküche gleichzeitig zu wirken schien und den Teilnehmern Tipps mitgab, vom Avocado-Schälen über die Zubereitung einer Basis für braune Soßen und das richtige Schleifen von Messern bis zum Rückwärtsbraten von Fleisch. Deshalb wurden fleißig Notizen gemacht.

 

Unbekannte Artischocke

Der Küchenchef hat es den Teilnehmern nicht ganz leicht gemacht. Gleich bei der Vorspeise „Ikarimi-Lachstatar mit Avocado und Ingwer“ kommt die erste Herausforderung. Wie löst man die Lachsfilets von der Haut? „Am hinteren Stück reingehen und mit einem Ruck durch“, sagt der Kochkünstler. Sonst wird die feine Fischstruktur zerstört. Ikarimi-Lachse werden in sehr kaltem Wasser betäubt und mit einem Stromschlag getötet. Sie haben deshalb weniger Stress. „Vorsicht! Die Messer hier sind sehr scharf!“, warnt der Küchenchef.

Geschnitten hat sich keiner, auch nicht bei der Vorbereitung der Artischocken, deren Blätter sich sträuben, wenn ihnen ein Messer zu Leibe rückt. Niemand unter den elf Kochfreudigen hat sie je zubereitet. Kovacs demonstriert, wie nur noch der zarte Boden übrig bleibt. 80 Prozent Abfall – aber der Koch, der im Herbst für das Goldberg einen Michelin-Stern erkocht hat, vergeudet keine Lebensmittel: „Aus den Blättern lässt sich Artischockensuppe kochen.“ Auch die Lachsabschnitte wandern in eine Suppe oder auf die Teller der Mitarbeiter.

Kehlige Laute des Wohlgenusses

Nur die Schwarte vom Dry-aged-Rind sei zu nichts mehr zu gebrauchen: „Die ist zu fettig und hat einen zu starken Eigengeschmack“, erklärt Kovacs. Und nachdem die ersten Mutigen den Rinderrücken unter dem kritischen Auge des Meisters vorbereitet haben, gibt es noch vor der Vorspeise eine kleine Kostprobe, denn Dry-aged-Fleisch schmeckt anders als das schnelle Stück aus dem Schlachthaus. 21 Tage ist es am Knochen gereift. Früher war das die Regel. Doch durch die gigantische Nachfrage nach Fleisch wandert es heute gleich nach der Schlachtung in die Metzgerei. Die Kursteilnehmer kosten die rosa gebratenen Stückchen – und aus der Runde hört man kehlige Laute des Wohlgenusses.

Danach geht das Ganze noch einmal andersherum: Die Teilnehmer lernen die Regeln des Rückwärtsbratens. Kovacs plaudert aus dem Nähkästchen: „Drei Gänge vor dem Hauptgang wird das Fleisch für den Gast vorbereitet.“ Sonst ist es nicht perfekt, wenn es zusammen mit den anderen Speisen serviert werden muss. Das edle Stück vom Rinderrücken kommt deshalb erst mit Butter und unter Folie bei 70 Grad in den Backofen, um sanft zu garen. Erst kurz vor dem Servieren kommt es in die Pfanne. „Wenn also der Besuch im Stau steht, können Sie ganz beruhigt sein. Dem Fleisch geschieht so nichts“, sagt Kovacs.

Mutige melden sich zum Vorwärtsbraten

Und dann kommt der erste Höhepunkt: Das Lachstatar auf Guacamole wird im runden Ring als kreisrundes Törtchen, gekrönt von Kräutern, Sesam- und Rettichsprossen, angerichtet. Die Präsentation zeige die Wertschätzung für die Speisen, erklärt der Küchenchef. Der Goldberg-Sommelier Josip Stjepandic empfiehlt einen Grauburgunder. Die beiden StZ-Leser Bernhard Denn und Rainer Fein haben sich mutig zum (Vorwärts-)Braten des edlen Fleisches gemeldet. Denn ist etwas belustigt über die Lektion, die er gerade von Kovacs über Olivenöl gelernt hat. „Ich finde es interessant, dass selbst in Portugal zum Braten Sonnenblumenöl verwendet wird“, sagt er.

Salto rückwärts fürs Gemüse

Beim Gemüsebrutzeln ist das Engagement der Kochschüler gebremst, zu gut schmeckt das Lachstatar, das zeitgleich fertig wird. Dennis Wiche, Postenchef für Vorspeisen und Desserts, übernimmt die Herrschaft über das Gemüse. Wie alle Profis verwendet er keinen Pfannenwender, sondern bringt das Bratgut mit gekonntem Schwung zum Salto rückwärts in der Pfanne. „Das geht einfach viel schneller“, sagt er. Und Geschwindigkeit ist in der Gastronomie das Nonplusultra. Daher bekommen die Teilnehmer auch ihr Dessert zum Schluss direkt aus der Küche serviert. Für drei Gänge reicht die Zeit beim Kochevent dann doch nicht. Nach dem Mojito von Aprikose mit knuspriger weißer Schokolade und Kokos sind alle restlos glücklich. Edeltraut Helm freut sich, dass sie einem Sternekoch über die Schulter schauen konnte, und Eva Wittmann nimmt die neuen Erkenntnisse über das Fleischgaren mit nach Hause. Damit die StZ-Leser auch zu Hause mit einem kleinen Stern kochen können, gibt es für alle die Rezepte zum Mitnehmen.