Erst ein Spaziergang durch die Stadt, dann eine Talkrunde mit Lokalchef Holger Gayer: Bettina Wilhelm hat sich am Samstag den Lesern der Stuttgarter Zeitung (vor-)gestellt. Und gab einige spannende Einblick.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Stuttgart - Bettina Wilhelm warnte die rund 60 Teilnehmer des vierten und letzten OB-Kandidaten-Spazierganges von StZ und Stiftung Geißstraße gleich vor: „Ich habe einen schnellen Schritt drauf.“ Leidenschaftliche und routinierte Spaziergängerin sei sie, werde aber selbstverständlich auf die Teilnehmer Rücksicht nehmen und niemandem davon laufen.

 

Am Ende dauerte der Stadtspaziergang am Samstagvormittag sogar etwas länger als vorgesehen, so vieles wollte die Oberbürgermeisterkandidatin den Besuchern zeigen und erzählen: Vom Hotel Silber, das die Politikerin als „wichtigen Ort des Erinnerns“ bezeichnete, ging es weiter zu einem kleinen Seifengeschäft in der Esslinger Straße. Seit 1785 bestehe der Seifen Lenz und sei aus einer Seifensiederei hervor gegangen, wusste Wilhelm, die mit den Eigentümern ins Gespräch kam. „Diese kleinen, alt eingesessenen Geschäfte brauchen wir in Stuttgart auch weiterhin“, betonte die Politikerin.

Ausblick vom Züblin Parkhaus

Auf dem vollkommen leeren obersten Deck des Züblin-Parkhauses bot sich den Besuchern des Stadtspaziergangs ein für viele unerwartet guter Ausblick auf die Leonhardskirche, das Leonhardsviertel und angrenzende Gebiete. Viele Häuser seien hier schön, meinte Wilhelm, doch in einem katastrophalen Zustand. Das müsse sich ändern.

Um den fehlenden Wohnraum in Stuttgart sowie den bedrohten Einzelhandel ging es auch im anschließenden Gespräch der Oberbürgermeisterkandidatin mit dem StZ-Lokalchef Holger Gayer. Auch das Streitthema Stuttgart 21 wurde nicht ausgeklammert. Die Bahn sehe sie als schwierigen Verhandlungspartner, meinte Wilhelm und war der Überzeugung: „Da muss man hin stehen, da darf man sich nicht abspeisen lassen.“ Schließlich böten die neu entstehenden Quartiere auch viele Chancen, je nachdem wie sie geplant würden.

Sie selbst sehe sich als geeignet an, zu vermitteln und zu verhandeln. „Viele Stuttgarter sagen nach dem ganzen Streit um den Bahnhof: ,Das ist nicht mehr mein Stuttgart.‘ Das Thema ist noch lange nicht verarbeitet“, meinte die Politikerin. Bettina Wilhelm zeigte sich im StZ-Talk nicht nur schlagfertig, sondern auch siegessicher. Das in einer von der StZ und dem SWR in Auftrag gegebenen Umfrage prognostizierte Wahlergebnis von 21 Prozent für die einzige weibliche Kandidatin sei noch deutlich steigerbar.

„Mein Trend geht nach oben“, meinte Wilhelm selbstbewusst. Sie sei unter ganz anderen Voraussetzungen gestartet als die anderen Kandidaten, die teilweise schon bekannt seien und viel Zeit für ihren Wahlkampf gehabt hätten. Jetzt sei sie noch dabei aufzuholen, meinte Wilhelm: „Mein Bekanntheitsgrad hat sich schon wesentlich gesteigert.“ Deshalb wollte die Politikerin auch auf Nachfrage von Holger Gayer nichts vom Zurückziehen einer Kandidatur wissen. Eine Wahlparty habe sie allerdings erst für den 21. Oktober geplant - nach einem möglichen zweiten Wahlgang, den Bettina Wilhelm für wahrscheinlich hält. „Dann wird eine große Party steigen“, war sich die Politikerin sicher.

Auf der Zielgeraden will sich Wilhelm dann noch Unterstützung holen – und zwar von der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, mit der sie am 4. Oktober ein Frühstücksgespräch im Wilhelmspalais führen wird.

Hier geht es zu den StZ-Veranstaltungen mit Hannes Rockenbauch, Fritz Kuhn (Grüne) und Sebastian Turner.