Die jüngste Umfrage zur anstehenden Landtagswahl in Baden-Württemberg zeigt: die großen Volksparteien CDU und SPD würden Stimmen verlieren. Die Sozialdemokraten sprechen von einem Alarmsignal.

Die Enttäuschung über die neuen Umfragewerte ist bei CDU und SPD groß: 35 Prozent für die CDU und 15 Prozent für die SPD, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre – schlechter standen beide Parteien in bisherigen Umfragen noch nicht da. Zwei Punkte verlor die CDU in der jüngsten Umfrage von Infratest-Dimap im Auftrag von Stuttgarter Zeitung und SWR gegenüber der Befragung im Dezember, drei Punkte büßte die SPD ein.

 

Die SPD, die einen historischen Tiefpunkt erreicht hat, versteht die Umfrageergebnisse als ein „Alarmsignal“ und als „Rückschlag“. Generalsekretärin Katja Mast gibt nun die Parole aus „in den nächsten zwei Monaten heißt es: Kämpfen, kämpfen, kämpfen.“

Mit 35 Prozent sei man „selbstverständlich“ nicht zufrieden, erklären die Wahlkampfmanager der CDU. Dennoch sehen sie „eine CDU-geführte Landesregierung in greifbarer Nähe“. Grün-Rot wäre abgewählt, die CDU hätte als stärkste politische Kraft den klaren Auftrag zur Regierungsbildung, folgern die Generalsekretärin Katrin Schütz und der Wahlkampfleiter Thorsten Frei aus den Ergebnissen.

Bedauern über AfD-Werte

CDU und SPD bedauern ebenso wie die über ihre neuen Werte begeisterten Grünen, dass die AfD zehn Prozent Zuspruch findet. Die „so genannte Alternative löst kein einziges Problem“, betont die SPD. Die Grünen gehen Guido Wolf direkt an. Sie klagen, der Spitzenkandidat der CDU versuche „mit ständig neuen populistischen Forderungen auf Kosten der Flüchtlinge Simmen zu gewinnen.“ Das zahle einzig und allein auf das Konto der AfD ein.

Die CDU stellt ihrerseits fest, „die AfD spielt mit den Ängsten der Menschen, bietet aber keine politischen Lösungen.“ Auch wenn die grün-rote Landesregierung keine Mehrheit mehr hätte, so ist die Zustimmung zu ihrer Arbeit unverändert groß.

Wie im Dezember haben auch jetzt 60 Prozent der Befragten nichts am Kabinett Kretschmann auszusetzen. Der Regierungschef hält auch seine persönlichen Werte und kann sich in 69 Prozent Zustimmung sonnen. Könnte der Ministerpräsident in Baden-Württemberg direkt gewählt werden, stünde Kretschmann sogar noch besser da als vor sechs Wochen. Dieses Mal würden sich 57 Prozent der Befragten für den Amtsinhaber entscheiden, im Dezember sagten das 53 Prozent.

Guido Wolf könnte auf 17 Prozent der Befragten setzen, damit hat er sich um zwei Punkte verbessert. Der SPD-Frontmann Nils Schmid liegt unverändert bei sechs Prozent. Unter den CDU-Anhängern sähen mit 44 Prozent sogar mehr Befragte lieber Kretschmann als Ministerpräsident als ihren eigenen Kandidaten Guido Wolf, für den sich 38 Prozent aussprechen.

Als Wermutstropfen kommt für die CDU hinzu, dass 46 Prozent der Befragten einer grün geführten Landesregierung den Vorzug geben würden, 39 Prozent wünschen sich die CDU ans Ruder. Die Freunde der Grünen halten mit 93 Prozent an der grünen Führungsrolle fest, doch in der CDU-Klientel sähen 13 Prozent lieber einen Grünen an der Spitze der Regierung.

Fast jeder fünfte in der SPD tendiert zur CDU

Für Koalitionsspekulationen von Belang ist die Befindlichkeit im Lager der SPD: Immerhin 18 Prozent unter den SPD-Sympathisanten wünschen sich die CDU an der Spitze der nächsten Regierung, 69 Prozent sprechen sich für die Grünen aus.

Andererseits könnten sich mehr als ein Viertel (26 Prozent) der potenziellen FDP-Wähler die Grünen am Ruder vorstellen, 64 Prozent wollen die CDU vorne sehen. Unter den Befragten,die sich zur AfD bekennen, geben 15 Prozent einer Grünen-Führung den Vorzug, 49 Prozent plädieren für die CDU.

Ihr Bekanntheitsgrad macht zum Beginn der heißen Phase des Wahlkampfs den Spitzenkandidaten aller Landtagsparteien zu schaffen – nur nicht Kretschmann. Bei ihm geben lediglich acht Prozent der Befragten an, sie würden ihn nicht kennen, oder könnten ihn nicht beurteilen. Zu Nils Schmid fällt nach wie vor 31 Prozent der Befragten nicht viel ein. Angesprochen auf Guido Wolf zucken 38 Prozent der Befragten die Achseln. Doch ist der Bekanntheitsgrad des CDU-Spitzenkandidaten seit der Befragung im Dezember um einen Punkt gestiegen.

Rülke, der Unbekannte

Dagegen ist jetzt für 67 Prozent der Befragten der FDP-Kandidat Hans-Ulrich Rülke eine unbekannte Größe. Damit verlor Rülke sogar einen Punkt gegenüber Dezember. Selbst in FDP-Kreisen zeigen sich 50 Prozent uninformiert, was Rülke angeht. Auch Nils Schmid scheint unter der eigenen Anhängerschaft nicht sonderlich präsent zu sein: 38 Prozent derer, die SPD wählen wollen, haben zu ihm nichts zu sagen.

Etwas besser steht Wolf im eigenen Lager da: Von den CDU-affinen Befragten wagten nur 32 Prozent keine inhaltliche Einschätzung zu dem Herausforderer. Mit der Arbeit Wolfs zufrieden sind insgesamt 24 Prozent der Befragten, die Zustimmung im CDU-Lager liegt bei 48 Prozent. Nils Schmid kommt bei der eigenen Anhängerschaft auf 47 Prozent Zustimmung. Unter allen Befragten lobten den Sozialdemokraten 36 Prozent. Kritisch sehen die Befragten den liberalen Spitzenkadidaten Rülke. Er findet bei 14 Prozent der Umfrageteilnehmer Beifall. In FDP-nahen Kreisen gilt offenbar, wer Rülke kennt, schätzt ihn. 42 Prozent Zustimmung stehen acht Prozent Kritik gegenüber.

Wertschätzung für Kretschmann

Winfried Kretschmann dagegen wird quer durch die Lager hoch geschätzt. 69 Prozent beträgt seine Zustimmungsrate unter allen Umfrageteilnehmern. Die Grünen stehen mit 95 Prozent hinter ihm.

Von denen, die CDU wählen wollen, schätzen 71 Prozent die Arbeit des Grünen-Ministerpräsidenten. Im SPD-Dunstkreis sind 74 Prozent mit dem Regierungschef zufrieden. Kritischer sind die Wählerschaften von FDP und AfD. Aus dem Kreis der Liberalen signalisieren 63 Prozent Zustimmung zu Kretschmann.

Einzig in der Gruppe derer, die zur AfD tendieren, überwiegt die Kritik an Winfried Kretschmann. Hier zeigen sich 48 Prozent nicht zufrieden mit dem sonst so populären Landesvater, 38 Prozent sagen, der Grüne mache seine Arbeit gut. In dieser Gruppe erklären zudem 14 Prozent, sie wüssten nichts zu Kretschmann zu sagen, in allen anderen Wählergruppen ist der Ministerpräsident bekannter.

Geringfügig kleiner geworden ist die Gruppe derer, die nicht oder ungültig wählen wollen oder noch unentschlossen sind. Im Dezember winkten 30 Prozent der Befragten ab, jetzt liegt der Anteil der Nichtwähler und der Unentschlossenen bei insgesamt 28 Prozent. Fast jeder fünfte Befragte (19 Prozent) weiß noch nicht, ob und wen er am 13. März wählen soll. Das sind genau so viele wie vor sechs Wochen.