In strukturschwachen Städten und Gemeinden Deutschlands wird die Lage mangels Geld immer angespannter – und die Rahmenbedingungen verschlechterten sich weiter, waren sich bei der Debatte über die Finanzierungsprobleme der Kommunen die Podiumsteilnehmer beim StZ-Zukunftskongress einig.

Stuttgart - Ohne Moos“ sei in strukturschwachen, mit hohen Sozialkosten belasteten und dadurch stark verschuldeten Städten und Gemeinden Deutschlands nicht mehr viel los – und die Rahmenbedingungen verschlechterten sich weiter, darin waren sich die Teilnehmer an der Debatte über die Finanzierungsprobleme der Kommunen einig. Wer könnte das besser beurteilen als der Moderator, StZ-Chefredakteur Joachim Dorfs? Seine Heimatstadt Essen hat 3,7 Milliarden Euro kurzfristige Kassenkredite zu schultern, der Kämmerer an seinem Wohn- und Arbeitsort Stuttgart nimmt lediglich solche Darlehen auf, die er vom Bund zinsfrei erhält.

 

Einer hohen Verschuldung, derzeit nur gemildert durch niedrige Zinsen, stehen gewaltige Infrastrukturaufgaben – mehr Nahverkehr, Digitalisierung, Flüchtlingsunterbringung, Wohnungsbau – gegenüber. Und die Bürger hätten die Erwartungshaltung, dass die öffentliche Hand die Aufgaben zu ihrer Zufriedenheit regelt, stellte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, immer wieder fest.

Debatte über das Nötige und das Machbare ist angesagt

Deshalb sei eine Debatte über das Nötige und das Machbare angesagt. Ausschlaggebend für überzogenes Anspruchsdenken: Das Geld habe für die Bevölkerung nach der Rettung von Banken und hoch verschuldeten Staaten an Bedeutung verloren. „Sie verstehen nicht, warum ihre Steuermilliarden für fremde Institutionen ausgegeben werden – und sie sollen sparen. Und wir reden ohnehin nur noch über Milliarden.“

Spätestens wenn die Zinsen wieder anzögen, würde sich die Lage für viele Kommunen verschärfen, ist Hans-Dieter Holtzmann von der Deutschen Bank überzeugt. Die Frage sei nicht, ob das so komme, nur der Zeitpunkt sei ungewiss. So lange erfreuten sich gewiefte Kämmerer dank Negativzinsen an „Einnahmen aus Verschuldung“. Der Leidensdruck sei momentan gering, es handele sich aber um „süßes Gift“.

Täglich mit Strukturproblemen konfrontiert

Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern sieht sich in der Pfalz täglich mit Strukturproblemen konfrontiert. Stagnation bei steigenden Zahllasten ließen einen Schuldenabbau unmöglich erscheinen. Es brauche andere Lösungen: „Aus den Soziallasten muss die Spannung raus“. Joachim Dorfs fragte: „Braucht es einen Schuldenerlass?“ Konsolidierungsprogramme könnten auch „Spaltpilze“ sein. In Nordrhein-Westfalen gibt es wenigstens einen Stärkungspakt. In der Runde wurden auch die Chancen für strukturschwache Gebiete benannt, etwa die Digitalisierung. „Und beim E-Government spielt die Musik“. Es gelte auch, Fördertöpfe zu leeren, die es laut Holtzmann in Fülle gebe. Interesse an Investitionen in kommunale Infrastruktur hätten auch private Investoren. Er meint nicht „Heuschrecken“, sondern Lebensversicherungen, Pensionskassen oder Stiftungen.

Herkulesaufgabe Wohnungsbau

Ob arme oder reiche Kommune: das Flüchtlingsthema hat den Wohnungsbau zur Herkulesaufgabe werden lassen. Rüdiger Ruhnow von der landeseigenen L-Bank hält das Fördervolumen des Landes von 250 Millionen Euro (deutlich mehr als früher) zwar für nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken. Mehr als diese Mittel könnten die Kommunen aber gar nicht verbauen. Die Runde sparte darauf nicht mit Kritik an aufwendigen Genehmigungsverfahren und zu hohen Standards.