Auf der Suche nach Essbarem schrecken Affen in Kapstadt vor nichts zurück. Sie dringen in Häuser ein und plündern Kühlschränke. Bewohner schießen zurück.

Kapstadt - In den Vorstädten von Kapstadt, ausgerechnet den zum wunderschönen Kap der Guten Hoffnung hin gelegenen, herrscht Krieg. Kein Krieg zwischen Macheten schwingenden Milizionären, wie man ihn aus anderen Teilen des Kontinentes kennt. Auch kein Bandenkrieg, wie er regelmäßig in den weniger begüterten Wohnbezirken der südafrikanischen „Mother City“ ausbricht. Der Krieg am Kap der Guten Hoffnung tobt zwischen zwei höchst ungleichen, wenn auch verwandten Arten – was das Kampfgeschehen nicht unbedingt menschlicher macht.

 

Gegenüber stehen sich die Truppen des Homo sapiens, die die spektakuläre Region zwischen der bizarren Bergwelt und dem majestätischen Meer als ihr gelobtes Land betrachten, und die Einheiten der Gattung Pavio, auch Paviane genannt, die hier bereits lebten, als sich Adam und Eva noch über Äpfel stritten. Erst kürzlich hatten die Paviane wieder ein Kriegsopfer zu beklagen: das Männchen Noskethi, das mit einer Pistole vom Kaliber 0.22 niedergestreckt wurde. Als Tierärzte den Leichnam Noskethis einer Obduktion unterzogen, fanden sie fast hundert aus Luftdruckgewehren abgefeuerte Bleikugeln in seinem Leib. „Der Krieg“, sagt Brett Glasby von der Tierschutzorganisation SPCA, „wird hier gnadenlos geführt“.

Während der Kapstädter duscht, zerlegt der Affe seine Möbel

Die Truppen der Paviane sind in 17 Züge mit insgesamt 430 Individuen aufgeteilt. Ihr Rückzugsgebiet sind die Berge, die die Halbinsel bis hinunter zum südlichsten Zipfel des Kontinentes säumen. Dort wurde den Primaten einst ein Reservat eingerichtet. Doch weil ein Pavian schlecht lesen kann und menschliche Errungenschaften im Gourmetbereich äußerst zu schätzen weiß, „verirren“ sich die Tiere gerne in Wohngebiete, was auf keine Gegenliebe stößt.

Immer wieder kommt es vor, dass ein Kapstädter aus der Dusche steigt, nur um festzustellen, dass ein feindlicher Trupp zwischenzeitlich den Kühlschrank geplündert, das Mobiliar zerlegt und auf den Tisch gemacht hat. Versucht der Kapstädter seinen Besitz zu verteidigen, drohen ihm Zähne, die länger sind als die eines Löwen. Ein älterer Homo sapiens erlag bereits vor Schreck einem Herzinfarkt, ein jüngeres Exemplar musste zur Traumabehandlung zum Psychologen, mehrere andere wurden mit Bisswunden ins Krankenhaus gebracht.

Naive Touristen füttern die Tiere auch noch

Dabei wird der Konflikt noch durch Naivlinge angeheizt, die nicht wissen, auf welcher Seite sie in Wahrheit stehen. Touristen finden die menschelnden Affen oft so putzig, dass sie sie auch noch füttern. Mancher Reiseführer soll sogar regelrechte Versorgungspakete an die feindlichen Einheiten austeilen. Das ermuntert die Paviane dermaßen, dass sie sich inzwischen gerne durch offene Fenster in touristengefüllte Autos schwingen, um kreischenden Passagieren ein Sandwich oder eine Handtasche zu entreißen. Major Fred, der einen Zug von 29 Paviane führte, erwies sich als Meister der Beutezüge. Er verstand sich selbst aufs Autotürenöffnen und räumte an einem Nachmittag bis zu 15 Karossen aus – Fred the Ripper, wie er genannt wurde, musste schließlich eingeschläfert werden.

Vernünftige Menschen sahen, dass es so nicht weitergehen konnte. Aus anderen Konfliktzonen der Welt wurde das Konzept der Friedenstruppen übernommen: Blauhelme, die sich schlichtend zwischen die Streitparteien stellen. Weit mehr als hundert „Pavianmonitore“ wurden also eingestellt, die nun tagaus, tagein damit beschäftigt sind, die zum Teil wie Kriegsveteranen wirkenden Affen von menschlichen Wohngebieten fernzuhalten – mit bösen Folgen: manche der Primaten haben nur noch drei Beine, anderen wurde ein Auge ausgeschossen, wieder andere sind dermaßen von Bleikugeln angefüllt, dass sie kaum noch vorwärts kommen.