Der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf wählt in der Flüchtlingspolitik einen schärferen Ton. Beim CDU-Parteikonvent warnt er davor, die Gesellschaft zu überfordern. Und von der Parteibasis kommen teils herbe Vorschläge.

Heilbronn - CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf sieht die Bundesrepublik in der Flüchtlingspolitik an der Grenze der Aufnahmefähigkeit. „Unsere Helfer sind am Limit“, sagte der Herausforderer des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann bei der Landtagswahl 2016. „So wie heute kann es in den nächsten Monaten nicht weitergehen, sonst laufen wir in Gefahr, dass wir die Gesellschaft überfordern.“ Wolf setzte sich damit von der Willkommenskultur ab, die sich zeitweise auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zu eigen gemacht hatte und die in die Aufnahme der in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge gemündet war.

 

Dem hielt Wolf am Freitagabend auf einem CDU-Konvent in Heilbronn entgegen: „Es gibt auch die andere Seite der Medaille.“ Und die zeige „Menschen, die an unserem Wohlstand und an unserem Sozialsystem teilhaben wollen“. Menschen, die Deutschland als „moderne Variante des Schlaraffenlands“ betrachteten, die aufzunehmen aber die Gesellschaft „schlichtweg überfordern“ würde. Diesen Zuwanderern sei deutlich zu machen, „dass sie in Deutschland keine Perspektive haben“. Auf die Situation in den von Bürgerkrieg und Terror zerstörten Herkunftsländern der Flüchtlinge – Syrien, Afghanistan oder der Irak – ging der CDU-Spitzenkandidat nicht ein. Er sagte lediglich, dass Baden-Württemberg seiner Verantwortung gerecht werde. Die Entscheidung von Kanzlerin Merkel, zeitweise die Tore weit zu öffnen, charakterisierte Wolf als einer „einmaligen Ausnahmesituation“ geschuldet. Dagegen bezeichnete er die Wiedereinführung der Grenzkontrollen als „starkes Signal nach außen und nach innen“. Der Beifall der mehr als 400 Christdemokraten auf dem Parteikonvent war ihm gewiss.

Punktesystem für Integration

In der Aussprache rügte ein Christdemokrat die Kanzlerin für ihre Äußerung, es gäbe keine Obergrenze für Asyl. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) liege mit seiner Kritik an Merkel richtig. Mehrfach wurde eine Verschärfung des Grundrechts auf Asyl gefordert. Ein Polizist regte an, ein Punktesystem ähnlich der Verkehrssünderkartei in Flensburg einzuführen. Wer sich bei der Integration nicht bewähre, müsse das Land verlassen.

Im Sommer hatte Wolf bereits Wahlkampfluft geschnuppert, als er mit einem Bus und begleitet von jubelnden Jungunionisten durchs Land reiste. Dabei gewann der Spitzenkandidat, so sein Bericht auf dem Parteitreffen in Heilbronn, die Überzeugung, dass „zwischen dem, was in der Öffentlichkeit verbreitet wird, und der Stimmung an der Basis eine große Lücke klafft“. Eine junge Frau habe ihn angesprochen, was denn aus dem Sportunterricht werde, wenn die Turnhalle mit Flüchtlingen belegt sei, ein älterer Herr habe ihn gefragt, ob er denn beim Arzt im Wartezimmer länger ausharren müsse, wenn dort jetzt Flüchtlinge säßen, und eine ältere Frau habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich in der Abenddämmerung nicht mehr auf die Straße traue. Wolf kommentierte dies so: „Ob diese Sorgen berechtigt sind, das ist die eine Frage, aber viel entscheidender ist die Frage, was passiert, wenn wir diese Sorgen nicht mehr ernst nehmen.“ Nicht jeder, der sich kritisch mit Fragen der Zuwanderung auseinandersetze, gehöre in die rechte Ecke. Wolf sagte sinngemäß, wenn das Unbehagen in der Gesellschaft bei den demokratischen Parteien nicht Beachtung finde, werde dies rechte Kräfte stärken.

Der Landesregierung warf Wolf unter Berufung auf den Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon „Organisationsversagen“ vor. Der Grünen-Politiker Salomon hatte sich schon vor Wochen heftig über die Flüchtlingspolitik beschwert. Wolf schloss sich dieser Bewertung an. Von Ministerpräsident Winfried Kretschmann verlangte der Spitzenkandidat tatkräftigeres Handeln. Albanien, Montenegro und der Kosovo müssten endlich als sichere Herkunftsländer anerkannt werden. Dem Ministerpräsidenten warf Wolf Lavieren in dieser Frage vor. Außerdem rief er nach zügigeren Verfahren. Viel Beifall erhielt er für den Vorschlag, die Flüchtlinge mit Sachleistungen statt mit Bargeld auszustatten.