Die geplante Streichung von 11.600 Lehrerstellen ist umstritten. Zum SPD-Parteitag macht Finanzminister Schmid eine klare Ansage: Auch für ihn steht die Zahl nicht fest. Trotzdem bekommt er von den Delegierten eine Ohrfeige bei seiner Wiederwahl als Landeschef.

Reutlingen - Mit einer stärkeren Schwerpunktsetzung auf Bildungsthemen will SPD-Landeschef Nils Schmid seine Partei fit für die Landtagswahl 2016 machen. Auf dem Landesparteitag am Freitag in Reutlingen betonte Schmid, dass Chancengerechtigkeit in der Bildung für die SPD zentral sei. „Bildung hat Vorfahrt.“ Er werde nicht zulassen, dass aus der Schuldenbremse eine Chancenbremse werde, sagte er mit Blick auf das Jahr 2020, wenn die Bundesländer keine neuen Schulden mehr aufnehmen dürfen. Mit dem Sparen alleine werde die SPD nicht die nächste Landtagswahl gewinnen, sagte der 40-Jährige, der am Freitagabend zum SPD-Landeschef wiedergewählt wurde.

 

Die Delegierten erteilten ihm dabei allerdings einen Denkzettel. Für Schmid votierten 208 Delegierte (71,5 Prozent). 57 Delegierte stimmten mit Nein (19,6 Prozent). Es gab 26 Enthaltungen. Damit ist das Wahlergebnis für Schmid deutlich schlechter als vor zwei Jahren, als er 88,2 Prozent erreicht hatte.

Schmid bekannte sich zur Haushaltskonsolidierung. Ohne eine glaubhafte Haushaltspolitik brauche die SPD zur nächsten Wahl gar nicht erst antreten. Der „Südwest Presse“ sagte Schmid, dass bei der von Grün-Rot beschlossenen Streichung von 11 600 Lehrerstellen bis 2020 das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Damit sorgte er für Irritationen beim grünen Koalitionspartner. Deren Fraktionschefin Edith Sitzmann erinnerte Schmid daran, dass die 11 600 Stellen Grundlage des Finanzplans 2020 seien, den Schmid selbst aufgestellt habe. In der SPD ist die Streichung von Lehrerstellen umstritten. Kritiker sehen die von Grün-Rot formulierten Bildungsziele in Gefahr.

Mehr Geld für Bildung als Bedingung für Große Koalition

Schmid plädierte am Freitagabend für ein Ende der parteipolitischen Auseinandersetzungen in der Bildungspolitik in Baden-Württemberg. Er werde bald alle Vorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien einladen, um die Chancen auf einen Schulfrieden auszuloten. So gebe es über die Parteigrenzen hinweg ein Interesse daran, dass der Bund sich stärker an den Bildungsausgaben der Länder beteilige. Schmid bezog sich auch auf neuste Signale aus der CDU, ein Zwei-Säulen-Modell in der Schullandschaft anzuvisieren.

Der SPD-Landeschef räumte ein, dass er sich bei der Bundestagswahl vor einem Monat ein besseres Ergebnis für die Südwest-SPD erhofft hatte. Auch für ihn selbst gelte, das Abschneiden selbstkritisch zu betrachten. Die Südwest-SPD lag bei der Bundestagswahl mit 20,6 Prozent nur leicht über ihrem schwachen Ergebnis von 2009 (19,3 Prozent). Als eine zentrale Bedingung für eine mögliche große Koalition im Bund nannte Schmid mehr Geld für Bildungsaufgaben. Nur wenn eine große Koalition stärker die großen Bildungsaufgaben unterstütze, könne so ein Bündnis eine Daseinsberechtigung haben.

DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf forderte die SPD auf, in Koalitionsgesprächen mit der Union im Bund hart zu verhandeln. Es sei klar, dass die Partei die eine oder andere Kröte zu schlucken habe. Aber: „Die Kröte darf nicht zu massiven Schluckbeschwerden oder gar Brechanfällen führen.“ Landgraf forderte unter anderem einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn und Steuererhöhungen.

Bei dem bis Samstag andauernden Parteitag wollen die Delegierten auch eine Resolution beschließen, die „rote Linien“ für die Gespräche mit der Union festlegen soll. An diesem Sonntag soll ein SPD-Parteikonvent in Berlin über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden.