Als einzige Kommune im Landkreis hat die Stadt Böblingen digitale Blitzsäulen installiert. Die Zahl der Tempoverstöße hat sich binnen zwei Jahren deutlich verringert.

Böblingen - Ein Szenario, das heute kaum noch möglich ist: zwei 19 Jahre alte Autofahrer stehen vor einer roten Ampel am Unteren See in Böblingen. Als es grün wird, rasen sie los. Auf der Tübinger Straße geht es in Richtung Holzgeringen. Wie die Sachverständigen später ermitteln, zeigen ihre Tachometer auf der Höhe der Firma Eisenmann Geschwindigkeiten von mehr als 170 Stundenkilometern an. Die Fahrer überholen sich mehrmals, rund 400 Meter weiter wird einer der Fahrer aus einer lang gezogenen

 

Kurve geschleudert und stößt mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen. Der Unfall am 9. März 2008 forderte zwei Schwerverletzte. In der Tübinger Straße, „wo dieses illegale Autorennen veranstaltet wurde“, wie der Böblinger Ordnungsamtsleiter Günther Henne sagt, steht jetzt eine neue digitale Blitzsäule – eine von fünf im Stadtgebiet. Fast 230 000 Euro haben die Anlagen gekostet.

Im Jahr 2011 sind 218 Fahrverbote ausgesprochen worden

„Diese elektronischen Geräte haben eine deutlich abschreckende Wirkung“, sagt Henne. Eine Zahl verdeutlicht seine Bilanz eindrucksvoll: Als die ersten neuen Anlagen im Jahr 2009 installiert wurden, hatte die Stadt bis Jahresende für Geschwindigkeitsüberschreitungen Bußgelder in Höhe von 346 000 Euro verhängt. Im Jahr 2011 flossen nur noch 168 000 Euro in die Stadtkasse. „Und in diesem Jahr“, sagt Henne, „rechnen wir in etwa mit derselben Summe.“ Durch den Einsatz mobiler Anlagen nahm die Stadt sowohl 2009 als auch 2011 zudem jeweils rund 125 000 Euro ein.

Die Blitzsäulen haben mehr Disziplin gebracht. Im Jahr 2009 wurden allein in der Tübinger Straße im Durchschnitt täglich knapp 34 Temposünder von der Kamera geblitzt, zwei Jahre später waren es durchschnittlich noch fast zwölf. Die Geschwindigkeitsüberwachung mit der neuen Technik hatte 2009 insgesamt 327 Fahrverbote zur Folge, im Jahr 2011 waren es 218. Im Gegensatz zu den sogenannten Starenkästen überwachen die Geräte alle Fahrspuren gleichzeitig und können Raser auch bei dichtem Verkehr exakt ermitteln.

Die alten Anlagen sind in Böblingen sukzessive abgebaut worden. Fünf von ihnen sind lediglich noch vor Ampelanlagen installiert. Auch die rasche Funktionsweise der modernen Geräte habe sich inzwischen herumgesprochen, so Henne. Denn die Fotos sind direkt im Ordnungsamt abzurufen. In Böblingen sind vier Mitarbeiter mit der umgehenden Bearbeitung der Bußgeldbescheide beschäftigt. 15 000 Briefe wurden im vergangenen Jahr an die Temposünder verschickt, zwei Jahre zuvor waren es noch 64 279 Strafmandate gewesen.

„Wir haben durch die neue Technik auch einen geringeren Arbeitsaufwand“, sagt der Ordnungsamtschef. Er hat errechnet, dass sich ein Gerät, das 40 000 Euro ohne Montage kostet, in sieben Jahren amortisiert. Die Anlagen seien auch weniger störungsanfällig. Lediglich an sehr heißen Sommertagen komme es vor, dass die digitale Technik aussetze. In diesem Jahr sei das zweimal der Fall gewesen. Aufgrund der sonst guten Erfahrungen plant die Stadt, im nächsten Jahr im Herdweg die sechste Säule aufzustellen. In dem Wohngebiet werde häufig zu schnell gefahren. Dies hätten mobile Messungen ergeben, so Henne. Überhaupt stünden die neuen Blitzgeräte nur an Stellen, die in Absprache mit der Polizei als dringlich erachtet würden. „Dabei handelt es sich um Unfallschwerpunkte“, sagt der Ordnungsamtsleiter, „von einer Abzocke kann nicht die Rede sein.“

Die Stadt Böblingen spielt mit den Säulen den Vorreiter: Sie ist bis jetzt die einzige Kommune im Landkreis, die auf die neue Überwachungsmethode setzt. In Herrenberg beispielsweise sollen aber laut dem Ordnungsamtsleiter Hans-Peter Rapp die insgesamt zwölf in der Innenstadt installierten herkömmlichen Blitzgeräte auf eine digitale Technik umgestellt werden.