Auf dem Football-Feld lässt er Leistung sprechen, gegenüber den Medien indes verweigert Marshawn Lynch jegliche Auskunft. Der Runningback der Seattle Seahawks ist einer der eigenwilligsten Stars der National Football League. Doch ist er längst nicht allein.

Phoenix - Er ist das Biest auf dem Football-Feld - die Fans der Seattle Seahawks lieben Marshawn Lynch für seine unwiderstehlichen Läufe. Den Medien hingegen bereitet der egozentrische Runningback ebenso Kopfzerbrechen wie den gegnerischen Abwehrreichen. Der Media Day fünf Tage vor dem Super Bowl zwischen Meister Seattle und den New England Patriots mit Right Tackle Sebastian Vollmer war am Dienstag (Ortszeit) ein Paradebeispiel für das divenhafte Verhalten des scheinbar unergründlichen NFL-Profis.

 

Mit Basecap und Sonnenbrille bekleidet bahnte sich Lynch seinen Weg durch die internationale Medienmeute im US Airways Center von Phoenix hinüber zu seiner Interview-Kabine, vor der sich rund 200 Pressevertreter versammelt hatten. Viele von ihnen schlossen untereinander Wetten ab, ob der 28-Jährige überhaupt erscheinen werde. Vor einem Jahr tauchte Lynch schließlich zur einstündigen Frage-Stunde, bei der jeder Spieler laut Liga-Police zugegen sein muss, nur für die letzten sechs Minuten auf.

Diesmal war er zwar pünktlich in der Arena, gab sich aber wie schon so oft in dieser Saison kindisch und bockig. „Ich bin nur hier, damit ich keine Strafe zahlen muss“, betonte er. Egal, welche Frage die Medien auch stellten, egal ob Frau oder Mann, national oder international, die Antwort war immer die selbe. Insgesamt 29 Mal. Nach exakt 4:51 Minuten rief er dann laut „Zeit“ und ging.

Laut „ESPN“ hatte die Liga Lynch mit einer Strafe von einer halben Million Dollar gedroht, falls er nicht auf dem Medien-Tag erscheine. Beide Seiten haben ohnehin ein angespanntes Verhältnis. Lynch will sich nicht vorschreiben lassen, was er machen darf und was eben nicht. Und bekam spontan via Twitter Unterstützung von seinem früheren Mitspieler Golden Tate. „’Ich bin nur hier, damit ich keine Strafe zahlen muss.’ Ich liebe die Antwort. Ihr könnt nicht alles kontrollieren“, twitterte Tate Richtung NFL.

Die wiederum mag zwar den Sportler Marshawn Lynch, sieht im Menschen jedoch eine tickende Zeitbombe. Bereits im Anschluss an den 28:22-Halbfinalsieg nach Verlängerung gegen die Green Bay Packers hatte sie eine Geldbuße von 20 000 Dollar verhängt. Lynch hatte sich nach einem Touchdown-Lauf in den Schritt gegriffen. Aus Sorge, der eigenwillige Star werde die obszöne Geste im Super Bowl vor mehr als 100 Millionen Zuschauern - darunter Kinder und Jugendliche - wiederholen, kündigten die NFL-Oberen bereits an, Seattle mit einer Strafe von 15 Yards zu sanktionieren. Heißt: beim anschließenden Kickoff wird das Football-Ei nicht von der 35 Yard-Linie in die gegnerische Hälfte geschossen, sondern von der 20 Yard-Linie.

Erstaunlich ist jedoch, dass die NFL derzeit Collagen von Lynchs zupackendem Griff für 149,95 Dollar verkauft. Es ist dieses zwielichtige Verhalten der Liga, das dem Profi missfällt - auch wenn er es aus Angst vor einer Strafe nie öffentlich sagen würde. „Wenn Marshawn mit den Medien sprechen soll, wäre es so, als wenn die Medien Football spielen und Adrian Peterson tacklen müssten“, sagt Seattles Cornerback Richard Sherman. Wie er sprechen auch andere Seahawks-Profis nur lobend über Lynch. „Er ist der beste Mitspieler, den man sich wünschen kann“, hebt Center Max Unger hervor. Selbst Trainer Pete Carroll lässt in diesen Tagen keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, wie „einzigartig“ Lynch sei.

Denn auf dem Football-Feld gehört er zweifelsohne zu den Besten auf seiner Position. Wenn er seinen 1,80 Meter großen und 98 Kilogramm schweren, muskelbepackten Körper durch die gegnerischen Abwehrreihen schiebt, springen die Seahawks-Fans auf und schwärmen euphorisch vom „Beast Mode“. Und wenn Lynch erst einmal diesen Biest-Modus eingeschaltet hat, ist er kaum zu halten. 14 Touchdowns hat er in den bisherigen 18 Spielen erzielt. Damit die Seahawks erneut Chancen auf den Titel haben, brauchen sie gegen New England ihr Biest in Bestform. Doch auf dem Platz hat Lynch bislang immer von sich reden gemacht - und Leistung sprechen lassen.

In unserer Bilderstrecke gibt es Bilder von Lynch, anderen verrückten Typen und dem Zusammenkommen in Phoenix.