Wo werden solche heiklen Fragen in Ihrem Haus entschieden? In der Chefredaktion oder im Intendantenbüro?
Das ist keine einsame Entscheidung eines Intendanten, aber natürlich habe ich die Gesamtverantwortung. Am Ende verschiedener Diskussionsrunden auf Arbeitsebene werde ich einbezogen.
Und Sie halten am Ende die seit Jahrzehnten gepflegte TV-Elefantenrunde weiter für die ideale Form?
Ja – wenn man den politischen Diskurs nicht wechselseitig konditioniert.
Die Kritik in der Öffentlichkeit an den Journalisten wächst. Sind bei der Berichterstattung über die Flüchtlingskrise in Ihrem Haus Fehler gemacht worden?
Ich glaube nicht, dass ein Journalist bewusst Ausschnitte der Realität weglässt. Manch einer mag subjektive blinde Flecke in der Wahrnehmung haben – aber ein massenhaftes Phänomen ist das nicht. Ich glaube, dass man sehr wohl über alle Umstände berichtet und nichts unterschlagen hat. Der SWR hat sich nichts vorzuwerfen. Aber wir leben eben in einer Zeit, in der Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben und in nach außen abgeschlossenen Facebook-Gruppen gepflegt werden. Qualitätsmedien sind deswegen umso nötiger. Wir sind kein Verkündungsblatt, in dem jeder unhinterfragt seine Parolen verbreiten kann.
Gerade das Fernsehen berichtet heute viel emotionaler über politische Themen als früher, das steigert das Interesse der Zuschauer. Spüren wir nun die Nebenwirkungen dieses Trends? Sind uns Sachlichkeit und Nüchternheit verloren gegangen?
In der Gesellschaft mag es insgesamt emotionaler zugehen. In der politischen Berichterstattung aber am allerwenigsten. Selbst wenn man heute nüchtern berichtet, gibt es aber einen starken Drang in der Öffentlichkeit, vieles zu skandalisieren. Ich sehe den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter als eine Stimme der Vernunft.
Sicher? Eine Sendung wie beispielsweise „Hart aber Fair“ will doch erregen.
Aber fair! Unsere öffentlichen Debatten sind vielleicht insgesamt härter geworden, das hat aber nichts mit Emotionalisierung zu tun. Die Sendung „Hart aber Fair“ ist in ihrem Kern ein Faktencheck. Ich glaube, zur Emotionalisierung trägt eher die Hybris mancher Edelfedern bei, die meinen, Journalismus bestünde daraus, die bessere Politik zu machen.
Ein anderer Vorwurf in den Netzwerken lautet, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei zu staatsnah und eigentlich gesteuert.
Früher gab es weitaus mehr Politiker in unseren Aufsichtsgremien. Das ist längst passé.
Bei der Festlegung der Höhe des Rundfunkbeitrags sind Sie von der Politik abhängig. Ein Druckmittel?
Nicht umsonst gibt es die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, die KEF, die über unseren Finanzierungsbedarf urteilt. Unabhängige Experten stellen also fest, wie viel Geld wir brauchen. Durch dieses Verfahren wird die verfassungsrechtlich gebotene Staatsferne garantiert.
Jedenfalls hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft ein neues, wichtiges Thema: Unterstützung bei der Integration der Einwanderer. Welche Pläne haben Sie?
In einer ersten Phase haben wir konkrete Hilfe angeboten – zum Beispiel Sprachkurse. Außerdem haben sowohl die Deutsche Welle als auch ARD und ZDF Sendungen mit arabischen Untertiteln im Programm.
In den siebziger Jahren gab es ja die „Gastarbeiterprogramme“.
Ein gutes Beispiel. Diese Sendungen damals fanden ja in mehreren Sprachen statt. Vor ein paar Jahren hat man dann gesagt, jetzt sind die Menschen hier angekommen, jetzt wird das Programm auf Deutsch umgestellt. Vielleicht fängt so ein Prozess gerade wieder an. Sicher werden wir aber nicht auf Dauer fremdsprachige Angebote machen. Schließlich soll ja keine Parallelwelt aufgebaut werden.