In den harten Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 sind auch die Medien in die Kritik geraten. Die Diskussion des SWR war ein Versuch, dies aufzuarbeiten.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Stuttgart 21 hat nicht nur zu einem politischen Streit geführt, wie man ihn kaum je erlebt hat. In den harten Auseinandersetzungen sind auch die Medien in das Kreuzfeuer der Kritik geraten, insbesondere die lokale Presse, der von Gegnern wie von Befürwortern des Milliardenprojekts Parteilichkeit vorgeworfen wurde. Die multimediale Veranstaltung „Stuttgart 21 und die Medien“ des SWR war ein erster Versuch, dies aufzuarbeiten.

 

Die Debatte am Mittwochabend in der BW-Bank war über weite Strecken geprägt von den Vorwürfen, die der Stern-Journalist Arno Luik vor allem gegen die Stuttgarter Zeitung und gegen die Stuttgarter Nachrichten erhob. Diese hätten das Projekt von Anfang an begrüßt, positiv dargestellt und kritische Recherchen vermissen lassen. Allenfalls von 2007 an habe sich dies leicht geändert. Auch Rainer Nübel von der Online-Wochenzeitung Kontext vertrat die Ansicht, dass in der Stuttgarter Zeitung das Bahnprojekt stets „sehr wohlwollend“ kommentiert worden sei.

"Kritische Instanz"

Der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, wies diese Darstellung zurück. Man habe sich stets auch als „kritische Instanz“ verstanden und diese Rolle auch ausgefüllt. Dass der Eindruck erweckt werde, erst mit dem Auftreten überregionaler Medien seien kritische Berichte in die Öffentlichkeit gelangt, „ist nicht korrekt“. Richtig sei, dass die hiesigen Zeitungen „zwischen die Fronten geraten sind“, was daran erkennbar sei, dass Abbestellungen aus Protest gegen die Berichterstattung gleichermaßen von Gegnern wie von Befürwortern gekommen seien.

Unterstützung erhielt Dorfs von SWR-Moderator Clemens Bratzler, der feststellte, dass projektkritische Artikel regionaler Blätter oder Sender nicht in gleichem Maße wahrgenommen würden wie Veröffentlichungen überregionaler Medien. Dass sich etwa der Stern auf eine entschieden kritische Position zu dem Projekt festgelegt habe, sei in Ordnung, nicht aber, anderen vorzuwerfen, „nicht gründlich zu recherchieren“. Rüdiger Soldt von der FAZ warf Luik vor, er habe „wild mit Gutachten und Papieren hantiert“, ohne diese sachlich einzuordnen. Wolfgang Molitor, Politikchef der Stuttgarter Nachrichten, befand: „Interessengeleitete Informanten gehen zu interessengeleiteten Medien.“

Einig war sich die Runde angesichts der neuen Rolle des Internets, dass man dieses zwar zum Dialog mit den Bürgern stärker nutzen müsse, dass sich der klassische Recherchejournalismus aber von den im Netz ungefiltert und ungeprüft kursierenden Informationen nicht treiben lassen dürfe.