Drei Tage vor der Wahl sind die Spitzenkandidaten der sechs aussichtsreichsten Parteien beim SWR gegeneinander angetreten. Die Debatte war zwar munter, aber allzu hart fasste man sich nicht an. Vielleicht muss man ja bald über eine Koalition reden.

Stuttgart - Munter war sie, die Runde der Spitzenkandidaten, die sich am Donnerstag vor den Kameras des SWR-Fernsehens auf dem Wahlkampfschlussspurt teils heftige Wortgefechte lieferten. Allerdings wurden kaum neue Aspekte in die Debatte eingebracht. Teils wiederholten die verbalen Kombattanten wortwörtlich ihre in diversen Wahlkampfauftritten am Publikum bereits wohl erprobten Sätze.

 

Gegen Schluss wurde allerdings auch deutlich, dass sich da Herren miteinander stritten, die am Montag womöglich miteinander in Gespräche über die Bildung der künftigen Landregierung treten müssen. „Demokratische Parteien müssen gesprächsfähig bleiben“, sagte der SPD-Spitzenmann Nils Schmid dazu.

Kretschmann als wohlmeinender Politikerklärer

Die Runde erlebte einen angriffslustigen Nils Schmid, der freilich angesichts desaströser Umfragewerte für die Sozialdemokraten auch mit dem Rücken zur Wand steht. Auf Attacke getrimmt war – wie gewohnt – der FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke. Den wohlmeinenden Politikerklärer verkörperte der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) – auch das durchaus im Einklang mit seinem bekannten Auftreten. Der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf trat als gemäßigt angreifender Herausforderer des Ministerpräsidenten auf; er muss sich nicht vorwerfen lassen, mit der Pauke unterwegs gewesen zu sein.

Mit am Tisch war auch der Frontmann der rechtspopulistischen AfD, Jörg Meuthen, der einmal mehr mit seinen Positionen – übrigens nicht nur in der Flüchtlingspolitik – in einsame Isolation geriet. Bernd Riexinger von den Linken erkämpfte sich zwar immer wieder Gesprächsanteile, wurde von den anderen aber doch meistens links liegen gelassen.

Wenig Kreativität in Sachen Flüchtlingskrise

Die beiden SWR-Moderatoren Stephanie Haiber und Clemens Bratzler arbeiteten sich hartnäckig durch die Themenpalette. Dem war zu verdanken, dass nach einer guten halben Stunde das allgegenwärtige Flüchtlingsthema abgehakt werden konnte, ein Feld, auf dem inzwischen argumentativ die geringste Kreativität entfaltet wird. Winfried Kretschmann erklärte aufs Neue, warum er die Politik der Bundeskanzlerin für gut hält („Es geht um Europa“). Guido Wolf hielt ihm einmal mehr entgegen, es reiche nicht, die Kanzlerin nur zu verstehen, „man muss sie auch unterstützen“, was Grün-Rot aber versäume. Und so weiter.

Die Zuschauer haben auch erfahren, dass die Parteien in einem „Überbietungswettbewerb“ bei der Neuschaffung von Stellen für die Polizei seien. Die CDU bietet 1500, die FDP 1000, Grün-Rot fragt, woher die auf einmal kommen sollen. Es ging auch um Sinn oder Unsinn der Gemeinschaftsschule. Gestritten wurde wieder um die Millionen Euro Bundesmittel für Straßenbau, die das Verkehrsministerium nicht abgerufen hat. Man kennt das.

Vielleicht ist es auch Müdigkeit, aber am Ende gaben sich die meisten Kontrahenten doch gemäßigt. Man weiß ja nicht, mit wem man reden muss. Guido Wolf hielt sich bedeckt und will sich erst am Montag Koalitionsgedanken machen. Kretschmann staatsmännisch: „Vor der Wahl sagt man, was man will“, in seinem Fall Grün-Rot. Doch „nach der Wahl macht man halt nicht was man will, sondern was man muss.“