Freiburg, die „Tagesschau“ und die Folgen: Der SWR-Intendant Peter Boudgoust verteidigt sich gegen Kritik im Netz und will sein Haus für den digitalen Wettstreit stärken.

Stuttgart - Zwangsgebühren für alle, aber schlechtes, nicht objektives Programm: So lautet vielfach die Kritik an ARD und ZDF. Der SWR-Intendant Peter Boudgoust empfindet dies als ungerecht. Mit einer großen Strukturreform im Haus will er seinen Sender im digitalen Wettbewerb besser aufstellen.

 
Herr Boudgoust, die „Tagesschau“ hat für den Umgang mit dem Freiburger Mordfall Kritik geerntet. Hat die ARD bei der Festnahme des aus Afghanistan stammenden Tatverdächtigen unvollständig berichtet?
Die „Tagesschau“-Redaktion hat eine professionelle Entscheidung getroffen. In den sozialen Netzen findet ja keine Auseinandersetzung mit der Themensetzung statt, sondern es wird einfach diffuse Empörung artikuliert. Das geht an der Sache vorbei. Es wird bewusst ignoriert, dass der SWR – und wir sind ja ein Teil der ARD – am selben Tag ausführlich über das Geschehen berichtet hat, etwa in der „Landesschau aktuell“, weil es für unser Berichtsgebiet natürlich ein relevanter Fall ist. Die „Tagesschau" dagegen muss sich fragen, ob es ein national relevantes Thema ist. Das ist geschehen.
Der Vorfall spielt natürlich der AfD in die Hände, die fordert, den Rundfunkbeitrag aller Haushalte abzuschaffen, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag gar nicht erfüllt.
Sollen wir wegen eines AfD-Vorschlags unsere professionellen journalistischen Kriterien aufgeben? Bei der ganzen Kritik handelt es sich um bloße Unterstellungen. Mich ärgert, dass man das schreckliche Geschehen in Freiburg instrumentalisiert, um einen ganz anderen Zweck zu verfolgen – nämlich ein Mediensystem, das einem nicht gefällt, zu beschädigen.
Das wird Ihre Kritiker nicht überzeugen.
Ich glaube nicht, dass diese polemischen Kritiker die Allgemeinheit oder die Gesellschaft insgesamt repräsentieren. Sie behaupten es nur. Ich setze weiter auf Argumente, auch wenn manche Kritiker wüten und polemisieren.
Scharf diskutiert wird auch das Thema Olympia: ARD und ZDF werden bei der Übertragung der Spiele bald nicht mehr dabei sein. Wie sehen Sie das?
Ich bedauere das. Gar nicht wegen der Einschaltquoten, die wir mit den Übertragungen von den Olympischen Spielen erzielen. Ich traue uns zu, dass wir Akzeptanz mit anderen Angeboten finden. Sondern weil ich immer davon ausgegangen bin, dass Sport auch einen gesellschaftlichen Wert hat. Deswegen haben wir immer umfänglich darüber berichtet, inklusive Hintergründen und kritischer Begleitung. Nun können wir den Preis für die Rechte nicht mehr zahlen. Aber was bedeutet das andersherum für den Sport? Er wird zukünftig ziemlich reduziert werden, mutmaßlich wird es auf einen Olympic-Channel hinauslaufen, der von morgens bis abends bunte Bilder liefern wird, und es wird keine gesellschaftliche Einordnung mehr geben. Das sind die Folgen ungebremster Kommerzialisierung.
Viele sagen: Ach, so ist auch viel Geld gespart. Da können Sie jetzt viel mit anfangen.