Denis Scheck moderiert an diesem Donnerstag erstmals die Büchersendung „Lesenswert“ im SWR Fernsehen. Der Sender erhofft sich durch den gebürtigen Stuttgarter mehr Frische.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Gerade einmal ein Jahr ist die Literatursendung „Lesenswert“ im SWR Fernsehen alt, da steht schon eine gravierende Änderung an. An diesem Donnerstagabend wird erstmals Denis Scheck im Mainzer Kulturzentrum KUZ als Moderator auftreten. Er empfängt den österreichischen Krimiautor Wolf Haas („Brennerova“) sowie den Stuttgarter Koch Vincent Klink, um ihnen „nichts als die Wahrheit“ zu entlocken, wie er gegenüber der Stuttgarter Zeitung gewohnt spitzbübisch verrät. Scheck löst die Moderatorin und Autorin Thea Dorn ab, die bis Mai die wöchentliche Büchersendung im Wechsel mit der FAZ-Literaturchefin Felicitas von Lovenberg präsentierte.

 

Mit der Personalie ist dem Südwestrundfunk ein Coup gelungen. Der gebürtige Stuttgarter versteht es in seiner monatlichen ARD-Sendung „Druckfrisch“ gehaltvollen Literaturstoff leicht verdaulich aufzubereiten; die visuell innovative, mit schnellen Schnitten und Perspektivwechseln arbeitende Inszenierung seiner Schriftstellerinterviews bescherten ihm 2011 den Deutschen Fernsehpreis. Kritikern gehen seine knappen, pointierten Verrisse, bei denen er als Schund deklarierte Werke demonstrativ in die Tonne kloppt, zu sehr in Richtung Comedy . Elke Heidenreich („Lesen!“) etwa bezeichnete ihren Moderatorenkollegen einmal als „hysterisches Rolltreppen-Dickerchen“.

Für Martina Zöllner, die Kulturchefin des Senders, hingegen ist Scheck „einer der wenigen Köpfe im Land, die viel von Literatur verstehen, aber gleichzeitig wissen, wie Fernsehen geht“. Zudem sei Scheck Schwabe, was bei einer Literatursendung aus dem Südwesten ja nicht unerheblich sei. Scheck, im Hauptberuf Literaturredakteur beim Kölner Deutschlandfunk, freut sich auf den neuen Job: „Lesenswert“ sei doch „ein wunderbarer Ort, um unser öffentlich-rechtliches Fernsehen mit Inhalten zu rechtfertigen, die es bei den Privaten eben nicht gibt“.

Martina Zöllner leitet die Hauptabteilung Film und Kultur

Mit dem personellen Wechsel kündigt sich auch eine inhaltliche Auffrischung der Sendung an. Wie diese konkret aussehen soll, stehe indes noch nicht fest: „Da wird sich mit Denis Scheck sicher einiges entwickeln“, sagt Zöllner, die die Hauptabteilung Film und Kultur des SWR Fernsehens leitet. Dabei wünsche sie sich, bei aller Unterschiedlichkeit der beiden Formate, dass etwas von der „visuellen Unbekümmertheit“ des ARD-Magazins auf „Lesenswert“ abfärbe. Mit Norik Stepanjan, der bei „Druckfrisch“ den Schnitt macht und bei „Lesenswert“ nun Regie führt, sind die personellen Voraussetzungen dafür gegeben.

In einer Pressemitteilung hatte Scheck seine Freude geäußert, nun für den SWR „Germany’s Next Top Novel“ zu suchen. Eine Formulierung, die bei Hütern der seriösen Literaturvermittlung vermutlich die Alarmglocken schrillen lassen dürfte – doch Zöllner beruhigt: ein Abgleiten in den Boulevard sei nicht zu erwarten.

Der Koch Vincent Klink ist zu Gast

Das Format ist jedenfalls in Bewegung – und fordert auch vom Publikum weiterhin Beweglichkeit ein. Die es aber anscheinend auch hat: Als „Lesenswert“ im Herbst 2013 „Literatur im Foyer“ nach zehn Jahren abgelöst hatte, habe es wenig Zuschauerkommentare gegeben, so Martina Zöllner. Mit Rubriken wie „Mein Leben in drei Büchern“, für die Donnerstagabend Vincent Klink eingeladen ist, einem „Fragebogen“ oder einem „Steckbrief“ mit Hintergrundinformationen über einen Autor, wollte man dem bis dahin reinen Gesprächsformat zu mehr Abwechslung und filmischen Qualitäten verhelfen.

Thea Dorn, der Scheck nun nachfolgt und die elf Jahre im Dritten im Dienste des Buches stand, hatte ihren Ausstieg damit begründet, sich mehr aufs Schreiben konzentrieren zu wollen, aber auch eingestanden, mit dem überarbeiteten Format nicht zurecht zu kommen – die neuen Elemente verlangen von den Moderatoren, dass sie mehr vor der Kamera agieren. Martina Zöllner ist jedoch überzeugt, dass der Relaunch richtig war – der Quotenanstieg von 1,4 Prozent auf immer noch sehr magere, weit unter dem Senderdurchschnitt liegende zwei Prozent scheint ihr Recht zu geben. Der stete Wandel ist genau das, was Denis Scheck an der Sendung schätzt, wobei sie nie „die im Zentrum stehende Literatur verraten“ habe, lobt der TV-Kritiker und zollt dabei vor allem den Redakteuren Frank Hertweck und Alexander Wasner Respekt.

Mit Lars Reichow stiegen die Zuschauerzahlen

Im Fluss ist auch die Konzeption des Kulturmagazins „Kunscht!“, das der Literatursendung vorausgeht. Seit Januar verfolgt der Moderator und Musikkabarettist Lars Reichow das kulturelle Geschehen im Südwesten und konnte die Zuschauermarktanteile gegenüber der Vorgängersendung „Nachtkultur“ von 1,9 auf 3,3 Prozent steigern. Jetzt sei Reichow so richtig in Fahrt gekommen, berichtet Zöllner. Man denke darüber nach, wie sein musikalisches Talent stärker in der Sendung zum Tragen kommen könne. In Stein gemeißelt scheint hingegen das Gesetz, die Kultur an die Ränder des TV-Programms zu verbannen, wiewohl das Kulturpaket mit „Kunscht!“ und „Lesenswert“ um eine halbe Stunde nach vorne gerutscht ist. Denis Scheck nimmt den Sendeplatz, wie es seine Art ist, mit Humor: „Ich bin Kummer gewohnt. Andererseits hatte ich schon lange die Ahnung, dass ich fürs Kinderprogramm nicht tauge.“