Die katholische Synode zu Ehe und Familie in Rom ist beendet, die Ergebnisse lassen dem Papst noch sehr viel Spielraum für das letzte Wort. Die Entscheidung liegt nun bei ihm.

Rom - Die römische Welt-Bischofssynode zu Fragen der Ehe- und Familienmoral ist am Samstag ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen. Dies zeichnete sich bereits vor der abendlichen Abstimmung über das Schlussdokument ab. Vor Journalisten räumte der Wiener Kardinal Christoph Schönborn vom Reformflügel der katholischen Kirche am Mittag ein: „Viele Journalisten werden Schwierigkeiten haben herauszufinden, was die Botschaft der Synode ist und was ihre positiven Elemente waren.“ Aus Schönborns Sicht besteht die Botschaft des Kirchentreffens in einem “großen Ja zur Familie”. Schönborn führte nicht aus, wo darin der Unterschied zu heute liegen könnte.

 

Genau bei den Themen, die ebenso öffentlichkeitswirksam wie strittig waren, gibt es – bis zu einem entscheidenden Wort des Papstes – keine Änderungen: Für wiederverheiratete Geschiedene bleiben Beichte und Kommunion tabu; das Thema sei „nicht direkt“ angesprochen worden, sagte Schönborn, sondern „obliquo“ – ein italienisches Wort, das sowohl „indirekt“ als auch „schief“ bedeuten kann.

Geöffnet wird den in zweiter Ehe Lebenden, die zu den Sakramenten gehen wollen, zwar der individuelle „Bußweg“ einer seelsorgerlich begleiteten Gewissensentscheidung, den nicht nur die dezidierten Reformer in der katholischen Kirche vorgeschlagen haben, sondern den – in der deutschsprachigen Arbeitsgruppe - sogar Gerhard Ludwig Müller als Chef der Glaubenskongregation unterschrieben hat. Aber dass dieser Weg zu Beichte und Kommunion führen kann, steht nirgends.

Das Thema Homosexualität ist „zu delikat“

„Nicht viel“, so Schönborn, stehe im Abschlussdokument auch zu den Homosexuellen: „Viele werden enttäuscht sein.” Da die “Familie” – bestehend “aus einem für Leben offenen, einander lebenslang treuen Paar von Frau und Mann“ – das Thema der Synode gewesen sei, würden Homosexuelle genau in diesem Kontext behandelt: „als Mitglieder bestehender Familien“. Das heißt: Der Frage oder gar der Zulässigkeit eigenständiger homosexueller Lebensgemeinschaft haben sich die 270 Bischöfe und Kardinäle nicht gewidmet. Schönborn gibt zu, das Thema sei “in vielen Kreisen und Weltgegenden zu delikat”, und eine Synode müsse “das Ganze” im Blick haben.

Als Fortschritt in der Synodendiskussion bezeichnete es der Wiener Kardinal, dass auf den Spuren von Papst Franziskus bei allen Themen die „Unterscheidung“ vorgenommen als auch zur künftigen Pflicht gemacht worden sei. Das heißt: Seelsorger sollten nicht nur die Lehre im Kopf haben, sie müssten auch genauer hinsehen auf die konkrete Situation konkreter Menschen. Ein einfaches Verurteilen von Ehen ohne Trauschein, sagte Schönborn, sei nicht mehr möglich; die Kirche müsse genauer hinsehen, warum zwei Menschen nicht der Form nach heiraten wollten: “Oft steckt ja, gerade in den Wirtschaftskrisen der heutigen Zeit, ein Prekariat dahinter, ein unsicherer Arbeitsplatz, auf den man keine Familie bauen kann.“ Die Kirche müsse solche Paare „begleiten“, auch wenn sie – der Doktrin nach – in „irregulären Situationen“ leben. Schönborn gebrauchte mit “irregulären Situationen” eine hergebrachte Formulierung, von der Papst Franziskus ausdrücklich gesagt hat: „Sie gefällt mir nicht.“

Das im Schlussdokument allgegenwärtige Schlüsselwort “Unterscheidung / discernimento” gibt aber offenbar den einzelnen Bischöfen auch viel Freiraum für eigene Wege – entsprechend den Kulturen ihrer jeweiligen Länder. So jedenfalls interpretieren Beobachter die Tatsache, dass viele von den 248 Änderungswünschen des letzten Debattentages aus konservativen Kreisen kamen: Diese glaubten ihre Position also im Hintertreffen.

Die Entscheidung liegt nun bei Franziskus. Ausdrücklich wollte die Synode kein eigenständiges Papier vorlegen, sondern lediglich “Vorschläge an den Papst.” Und immerhin, so kommentieren es Leute vom Reformflügel: “Sie haben dem Papst die Spielräume offen gehalten. Sie haben ihn nicht eingemauert.“