Akute Hilfe für die Menschen, die aus dem syrischen Kriegschaos fliehen, ist wichtig. Noch wichtiger ist langfristige Unterstützung, kommentiert Nahost-Korrespondent Martin Gehlen.

Kairo - Das zumindest hat die Völkerwanderung über den Balkan erreicht. Die europäischen Staaten wissen, das Chaos im Nahen Osten rückt ihnen immer stärker auf den Leib. Denn Millionen syrischer Flüchtlinge sind inzwischen sicher: sie können auf absehbare Zeit nicht mehr in ihre Heimat zurück, und sie müssen für sich und ihre Kinder in der Fremde eine neue Existenz aufbauen. Insofern kommt der Geberkonferenz in London eine Schlüsselrolle zu, zumal der Eklat bei den Genfer Friedensverhandlungen allen die vertrackten Realitäten demonstriert.

 

Eine Befriedung Syriens ist ein jahrelanger und fragiler Prozess. Er wird nicht gelingen, solange die Kontrahenten glauben, den Konflikt militärisch für sich entscheiden zu können – eine destruktive Illusion, die das brachiale Vorgehen der russischen Luftwaffe momentan wieder in Kreisen des Assad-Regimes nährt. Umso wichtiger ist es, dass die internationale Gemeinschaft in ihren Konzepten und Hilfszusagen mehr und mehr umschaltet von akuter Nothilfe zu langfristiger, struktureller Unterstützung. Das kostet sehr viel mehr als Wohncontainer und Essensrationen. Doch die Anrainerstaaten benötigen zusätzliche Milliarden, um die unfreiwilligen Neubürger zu integrieren. Hunderttausende Kriegsflüchtlinge brauchen in der Region eine neue Lebensperspektive.