Könnte mehr Druck auf Russland Bewegung in den Syrien-Konflikt bringen? Die EU-Staaten sind sich in dieser Frage uneins. Nicht einmal die Bundesregierung scheint wirklich auf einer Linie.

Luxemburg - Kurz vor dem EU-Gipfel gibt es in der Europäischen Union neuen Streit über den Umgang mit Russland. Vor dem Hintergrund der dramatischen Lage in Syrien sprachen sich große Mitgliedstaaten wie Frankreich und Großbritannien am Montag klar dafür aus, den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu erhöhen.

 

Die Außenminister der EU-Staaten konnten sich am Montag bei einem Treffen in Luxemburg aber nicht auf eine gemeinsame Position zu möglichen Strafmaßnahmen einigen. Russland wurde lediglich noch einmal aufgefordert, an einer friedlichen Lösung mitzuarbeiten und gemeinsam Hilfslieferungen nach Aleppo zu ermöglichen.

Die russischen Streitkräfte und das von ihnen unterstützte syrische Militär kündigten nahezu gleichzeitig eine Feuerpause für die Stadt an. Sie soll an diesem Donnerstag um 8.00 Uhr Ortszeit beginnen und acht Stunden dauern.

Steinmeier zufrieden

„Das kann ein Anfang sein“, kommentierte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Es müsse nun geschaut werden, ob acht Stunden ausreichten, um Hilfslieferungen in die Stadt zu bringen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich zufrieden mit dem Ausgang der Debatte in Luxemburg. Er bezeichnete die aktuell wieder aufgenommenen Syrien-Gespräche als den einzigen erfolgversprechenden Weg. Am Ende einer emotionalen und kontroversen Debatte habe sich die Position durchgesetzt, die sich am stärksten an dem Bedürfnis der Menschen in Aleppo orientiere, sagte er.

Der Frage, ob es eine einheitliche Position der Bundesregierung zu dem Thema gebe, wich er aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor ihre Offenheit für Diskussionen über Sanktionen signalisiert.

Frankreich fordert weitere Schritte

„Angesichts dieser ungebrochenen Gewalteskalation, dieser Kriegsgräuel bis hin zu Kriegsverbrechen, hat die Bundesregierung (...) Verständnis dafür, dass über alle Optionen nachgedacht wird, auch über Sanktionen gegen die, die diese Taten durchführen, beziehungsweise ermöglichen“, kommentierte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault hatte kurz zuvor weitere Schritte gefordert, um den Druck auf die Kriegsparteien in Syrien aufrechtzuerhalten. Der britische Außenminister Boris Johnson äußerte sich ähnlich und bezeichnete die russische Regierung als Puppenspieler des Regimes von Syriens Präsident Baschar al-Assad.

Johnson spielte damit auf die anhaltende militärische Unterstützung Russlands für das Assad-Regime an. Diese gilt auch als ein Grund für die katastrophale humanitäre Situation in der heftig bombardierten syrischen Stadt Aleppo. Bei Luftangriffen auf den von Rebellen gehaltenen Ostteil der Stadt wurden am Montag nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens zwölf Zivilisten getötet.

Umgang mit Russland wird beim EU-Gipfel diskutiert

Der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura sagte in Luxemburg, es werde Aleppo nicht mehr geben, wenn nicht bis Dezember eine Lösung gefunden werde.

Wie die Debatte über eine härtere Gangart gegenüber Kremlchef Putin weitergeht, wird der EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel zeigen. Dabei wollen die Staats- und Regierungschefs über den Umgang mit Russland diskutieren. Eine Einigung auf neue Sanktionen könnte allerdings auch dort nur einstimmig erfolgen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte deswegen, die Diskussionen abzubrechen und rief dazu auf, sich einzugestehen, dass die Handlungsoptionen der EU begrenzt sind. „Wir als Europäische Union haben keinen Knopf, auf den wir drücken können, damit das aufhört“, sagte er mit Blick auf die Lage in Aleppo.