Das Freibadareal am Fuße des Fellbacher Kappelbergs wird derzeit umgestaltet, damit die Container für Flüchtlinge aufgestellt werden können. Das Schwimmbecken und der Sprungturm werden noch umzäunt.

Fellbach - Vielen Fellbachern, die hier ihre ersten Kraulzüge absolviert haben, wird beim Blick über den Zaun das Herz bluten: Bauarbeiter haben das Gelände des alten Freibads in Beschlag genommen. Sie richten das Areal systematisch für jene sogenannten Systembauten her, in die demnächst Flüchtlinge einziehen werden.

 

Ist dies das der Beginn des endgültigen Endes des einst so beliebten Freibads? Das schlimmste Szenario entsteht unweigerlich vor dem inneren Auge: Bagger knabbern an den Startblöcken, der Sprungturm segnet das Zeitliche. Doch so weit ist es noch nicht. Vorläufig geht es nur darum, die Flächen im westlichen Bereich in Richtung Untertürkheimer Straße standsicher zu machen. Zudem müssen noch die Versorgungsleitungen für die Flüchtlingsunterkünfte eingebaut werden.

Und was ist mit den alten Schwimmbecken? „Diese bleiben zunächst unangetastet“, erläutert Baubürgermeisterin Beatrice Soltys. Bis Ende 2018 kommen dort Asylbewerber unter, so die Vereinbarung mit dem Rems-Murr-Kreis. „Vorher wird kein Bagger rollen, Sprungturm oder Becken bleiben in ihrem jetzigen Zustand“, präzisiert Soltys.

Zukunftswerkstätten sind geplant

Das hat auch Vorteile: Weil die Leitung des Stadtplanungsamts derzeit unbesetzt ist, könnte die vorgesehene, breit angelegte Bürgerbeteiligung fürs Neubaugebiet nur mit Verzögerung angegangen werden. Sogenannte Zukunftswerkstätten im Zuge eines „partizipativem Planungsprozesses“ folgen, ein städtebaulicher Wettbewerb und schließlich die Aufstellung eines Bebauungsplans. „Das Freibadgelände muss ein städtebauliches Highlight werden“, forderte etwa FW/FD-Stadtrat Peter Treiber bereits vor einem Jahr im Gemeinderat.

Allerdings: „Den Baumbestand kann man nicht flächendeckend erhalten“, erläutert Soltys, „sonst können Sie vielleicht fünf Häuser hinstellen, und das war’s dann.“ Tatsächlich, so hatte Soltys bereits im Mai 2015 ihre Vorstellungen erläutert, gehe es bei der Bebauung des Freibadgeländes um 200 Wohneinheiten mit bis zu vierstöckigem Geschossbauten.

Baumallee soll erhalten bleiben

Es werde untersucht, welche Bäume historischen Wert haben. Zudem gebe es eine alte Allee, die in ihren Grundzügen erhalten bleiben solle. Die Klinkerbecken und der Turm werden also noch einige Jahre vor sich hin dösen und müssen mit einem Zaun geschützt werden, damit Flüchtlinge nicht etwa in die Tiefe stürzen oder hinaufklettern.

Beim Besuch des Areals am Mittwochvormittag tauchen indes überraschend Irritationen auf. Ein Bauarbeiter erklärt den Reportern, dass die ursprünglich vorgesehene Zuschüttung des Beckens durch Erdreich nicht möglich sei, weil dort eine Käfer- oder Schmetterlingslarve geschützt werden müsse. Dies habe ihnen dies vor etwa sechs Wochen eine Behördenmitarbeiterin erklärt.

Mit dieser Version konfrontiert, kann sich Soltys zunächst ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Davon höre ich zum ersten Mal.“ Schließlich habe man eine artenschutzrechtliche Untersuchung vorgenommen und die Bäume kartiert. Ergebnis: Es gibt nichts, was gegen eine Bebauung spricht – kein Juchten- oder sonstiger Käfer wie bei Stuttgart 21.

Weidenröschen im alten Schwimmbecken

Später am Nachmittag – die Gerüchte haben Soltys keine Ruhe gelassen – meldet sie sich nach Rücksprache mit dem Landkreis noch mal in der Redaktion. Und siehe da, so völlig aus der Luft gegriffen war die Angabe des Bauarbeiters nicht. Demnach hat das Landratsamt tatsächlich in Erwägung gezogen, das Erdreich im Becken unterzubringen. „Das wurde von unserer Seite verworfen“, man könne doch nicht einfach die Erde hineinschmeißen. Die Sache mit dem Käfer „stimmt definitiv nicht“.

Was aber stimmt: Es gibt im Becken ein Weidenröschen, in dem eine besondere Falterart ihre Eier ablege. Aus diesem Grund habe man im Rathaus beschlossen: „Lasst diese drei oder vier Röslein mal stehen, das kann ein Hort sein für eine mögliche Falterart.“ Dies gelte aber nur für eine gewisse Zeit, bis die Eier gereift sind. „Anschließend kann das Becken gereinigt werden.“ Ein grundsätzliches Hindernis für die Bebauung des Areals sei dieses Weidenröslein auf gar keinen Fall, versichert Soltys.