Die geplanten Neubauten am Weihergraben in Kernen-Rommelshausen für Flüchtlinge und einkommensschwache Einheimische nehmen wegen großzügiger Grundstücksnutzung weniger Flüchtlinge auf als ursprünglich geplant.

Kernen-Rommelshausen - Der geplante Bau von neuartigen Systemhäusern für Flüchtlinge und später für einkommensschwache einheimische Wohnungssuchende hat die Menschen zwischen der Fellbacher Straße und dem Weihergraben in Rommelshausen aufgeschreckt. Anders als in der Informationsveranstaltung kürzlich in der Alten Kelter blieb die Stimmung in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag allerdings ruhig. Dazu mag beigetragen haben, dass der bisherige Acker westlich des Friedhofs nur locker bebaut wird. Im ersten und einzigen bisher geplanten Bauabschnitt sollen in vier zweistöckigen Bauten 72 Menschen wohnen.

 

Nur dann, wenn für die so genannte Anschlussunterbringung von Flüchtlingen große Familien mit Bleiberechten zugewiesen werden, könnte die Zahl der Bewohner auf 88 steigen, sagt Bürgermeister Stefan Altenberger. Das ist allerdings immer noch deutlich weniger als die ursprünglich von der Gemeindeverwaltung genannten 100 Menschen. Laut Altenberger bringt Kernen derzeit mehr Familien an Asylbewerbern und Flüchtlingen mit Bleiberechten unter als Einzelpersonen.

Als Partner der Gemeindeverwaltung und Investor ist die Kreisbaugesellschaft Waiblingen vorgesehen, was der Gemeinderat Kernen ebenso wie die Bauweise einstimmig genehmigt hat. Er entschied außerdem, den Bebauungsplan zu ändern, um künftig ein Wohngebiet festzusetzen, da das Grundstück für die Friedhofserweiterung nicht mehr benötigt wird. Der im Bebauungsplan vorgesehene zweite Bauabschnitt anstelle der Gewächshäuser soll allerdings vorerst nicht realisiert werden.

Längerfristig gemischte Nutzung mit Einheimischen und Flüchtlingen geplant

Die Übergangszeit, in der die in hohem Grad recyclefähigen Systembauten in Holzständerbauweise ausschließlich als Flüchtlingswohnheim dienen sollen, beziffert Steffen Krahn, der Fachbereichsleiter Projektentwicklung und Vertrieb der Kreisbaugesellschaft Waiblingen, auf etwa fünf Jahre aus heutiger Sicht. „Wir wollen sehr früh auf gemischte Nutzung umsteigen“, bekennt Stefan Altenberger. „Wir haben eine ellenlange Liste von Wohnungssuchenden. Wenn wir die Räume nicht für Flüchtlinge brauchen, sind wir froh, sie anderen Menschen anzubieten.“ Die Grundrisse sind so flexibel, dass anschließend die Möglichkeit besteht, Trennwände herauszunehmen und zwei nebeneinanderliegende Wohnungen zu vereinen, so dass Wohnraum für eine große Familie geschaffen wird. Die Systembauten sind aber keine Container und erfüllen alle baulichen Standards, sagt Stephanie Wilke, die Geschäftsführerin der Anbieterfirma, der AH Aktiv-Haus GmbH. Die Firma ist gemeinsam von dem Bauingenieur und Architekten Werner Sobek und den Fischerwerken GmbH des Erfinders Klaus Fischer mit dem Ziel gegründet worden, ressourcenschonend zu bauen. Bei einer Haltbarkeit der Leichtbauten von 30 Jahren werden nur etwa 35 Prozent des Energieeinsatzes verbraucht und demnach auch 35 Prozent des Ausstoßes von Schadstoffen vermieden. Nicht recyclefähiges Material wie Gipskartonplatten ist ausgeschlossen.

Flüchtlingsunterbringung mit Wohngruppencharakter

Anfangs werden die 45 Quadratmeter großen Wohnungen mit zwei bis vier Menschen belegt, die 65 Quadratmeter großen mit bis zu acht Personen. Dennoch hat diese Flüchtlingsunterbringung Wohngruppencharakter, wie Stephanie Wilke sagt: „Die Leute stehen nicht mehr so unter Spannung. Dadurch werden viele Konflikte umgangen und ausgeschlossen“.

Die Kreisbaugesellschaft ist eine Firma im überwiegenden Besitz des Landkreises. Diese hat die Firma für den Zweck gegründet, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Gewinne muss sie dabei nicht machen, eine Miete von fünf Euro pro Quadratmeter ist anvisiert: „Wir verdienen hier kein Geld, sondern versuchen, kostenneutral zu bauen“, sagt Steffen Krahn. Im Gegenzug für Belegungsrechte der Gemeindeverwaltung erwartet die Kreisbau, dass ihr das Grundstück pachtfrei überlassen wird. Stephanie Wilke gibt für die Häuser aus in hohem Maße vorgefertigten Bauteilen günstige Kosten von 1650 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche an. Dazu kommen die Gründung, die auf Streifenfundamenten möglich ist, sowie die Anschlusskosten. Das Konzept kommentiert der PFB-Gemeinderat Eberhard Kögel mit den Worten: „Schade, dass man da nicht früher draufgekommen ist.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Peter Kirgis erhofft sich eine „gute Durchmischung mit unseren Mitbürgern.“