Die einstige Industriellenvilla Franck in Ludwigsburg, ein Stilmix aus Gotik, Romantik und Renaissance, beherbergt heute ein Ingenieurbüro. Zu Anlässen wie dem Tag des offenen Denkmal, öffnet der Chef der Planungsfirma die Pforten für die Öffentlichkeit.

Ludwigsburg - Uwe Blankenhorn schätzt die Gegensätze in den Räumen der Villa Franck. Hier Malereien aus dem 19. Jahrhundert und das geschnitzte Wappen der Industriellenfamilie Franck, dort funktionale Büromöbel, weiß-glatte Schreibtische, gewissermaßen als Wappen der Moderne Dell-Schriftzüge auf Computern und das Logo von Blankenhorns eigener Firma ISTW. Insgesamt sei es eine „tolle Atmosphäre“, sagt Blankenhorn. „Dieses Klima hilft uns, kreativ zu arbeiten.“

 

2007 erwarb Uwe Blankenhorn die alte Industriellenvilla und zog mit den 30 Mitarbeitern seines Ingenieurbüros in die Räume des historischen Gebäudes. Zuvor nutzten es der Kunstverein und die Jugendmusikschule. Am Sonntag öffnete er in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege die Villa für Besucher. Anlass war der landesweite Tag des offenen Denkmals.

Eine früher existierende zweite Villa musste einem Buröbau weichen

Hunderte Besucher kommen. Sie streifen staunend durch die Räume, lassen die alte Holztreppe knarren und knarzen, tummeln sich auf der großen Veranda und lauschen den Vorträgen von Martina Klopfer.

Die Mitarbeiterin des Landesamtes für Denkmalpflege organisiert den Tag des offenen Denkmals in der Villa Franck, sie hat sich in die Geschichte des Gebäudes eingearbeitet und führt an diesem Sonntag Besuchergruppen herum – die erste gleich morgens um 11 Uhr, nach einem Grußwort von Baubürgermeister Michael Ilk. Martina Klopfers Augen leuchten, wenn sie von der Geschichte der Villa Franck erzählt. Sie berichtet vom historistischen Architekturstil, der zugleich gotisch geprägt sei. Ende des 19. Jahrhunderts kopierten Bauherrn gerne frühere Baustile, etwa aus der Gotik, der Romantik und der Renaissance.

So auch in der Villa Franck. Ursprünglich gab es übrigens zwei Franck-Villen. 1868 kamen die Brüder Wilhelm und Hermann Franck nach Ludwigsburg, um gegenüber ihrer Kaffeefabrik die Wohngebäude zu errichten. Wilhelm Francks Villa musste in den 1960er Jahren einem Bürohochhaus weichen, dem heutigen Firmensitz der MHP-Plus-Krankenkasse. Hermann Francks Villa blieb aber erhalten – das ursprünglich bescheidenere Gebäude wurde 1886 und 1887 erweitert und verstärkt mit gotischen und barocken Stilelementen versehen. „Es bekam einen repräsentativen Charakter“, erläutert Martina Klopfer.

Das prachtvolle Treppenhaus ist das optische Highlight

Die gelernte Bauingenieurin berichtet von zwei besonderen „Highlights“ der Industriellenvilla. Einmal sei da das Treppenhaus. „Man sieht das Wappen, man sieht Eichenlaub“, sagt sie. „Man sieht also Sinnbilder von Macht und Treue.“ Die Stilelemente zeigten zudem das Bestreben des Großbürgertums im Kaiserreich, sich an den Adel anzunähern. Das zweite Glanzlicht der Villa Franck sei der heutige Besprechungsraum unter der Veranda mit seinen Deckenmalereien. Hier führte vor drei Jahren ein – zunächst – ärgerlicher Wasserschaden zu einem besonderen Fund. Denn während der Sanierung kamen Leimfarben-Deckenmalereien zum Vorschein: der Himmel, umrahmt von Bambushölzern. Flieder, Efeu und Weinreben runden das Gemälde ab, umschwirrt von Libellen, Schmetterlingen, Schwalben, Meisen und weiteren Vögeln. Uwe Blankenhorn und das Landesamt restaurierten das Gemälde aufwendig. „Dieses Haus berichtet vom großen Zusammenhalt der Familie Franck“, fasst Klopfer zusammen. „Es erzählt Geschichten. Sie erschließen sich, wenn man sich mit der Villa beschäftigt.“

Der Gastgeber steht hinter dem Denkmaltag

Die Villa Franck ist ein Höhepunkt des diesjährigen Tags des offenen Denkmals, schon allein, weil sie selten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Aber auch andere Häuser und Orte in und um Ludwigsburg erzählen an diesem Sonntag ihre Geschichten. Interessierte können 59 Denkmäler besichtigen, 13 davon allein in der Stadt Ludwigsburg. Das Haus der Freimaurer ist darunter, die sechs historischen Torhäuser der Stadt, mehrere Kirchen wie beispielsweise die Friedenskirche und die evangelische Katharinenkirche in Eglosheim. Und natürlich auch das Ludwigsburger Residenzschloss öffnet seine Pforten für die Öffentlichkeit.

Uwe Blankenhorn freut sich unterdessen über den großen Andrang. Auf eigene Kosten hat er Getränke und Semmeln für die Besucher bereitgestellt, Mitarbeiter seines Planungsunternehmens betreuen die Gäste. „Es ist großartig, wie Uwe Blankenhorn hinter dem Tag des offenen Denkmals steht“, sagt Martina Klopfer. „Nur deswegen können wir dieses spannende Gebäude präsentieren.“