Update. Stuttgart 21 wird weitergebaut. Doch ein Gutachten stellt die Grundwasserentnahme infrage. Aktuelle Entwicklungen im Ticker.

Stuttgart 21 wird weitergebaut. Die grün-rote Landesregierung verzichtet im Lenkungskreis auf einen Antrag auf Baustopp. Aktuelle Entwicklungen im Nachrichtenticker.

 

+++18.24+++ Die Bundesregierung hat das Ergebnis im Lenkungskreis zu Stuttgart 21 begrüßt. „Das von der Bahn vorgelegte Angebot eines verlängerten Baustopps ist damit hinfällig, weil kein Projektpartner die Mehrkosten dafür übernehmen will“, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer der Stuttgarter Zeitung. „Alle Projektpartner sind nun gehalten, das Projekt so wie geplant umzusetzen“, betonte der CSU-Politiker. Alle Beteiligten hätten versichert, dass sie der Projektförderungspflicht für Stuttgart 21 nachkommen werden. Der Schlichterspruch von Heiner Geißler sehe keinen Baustopp vor, unterstrich der Minister. Das habe ihm der Schlichter persönlich versichert. Trotzdem werde sichergestellt, dass bis Ende des Stresstests, der vor Mitte Juli vorliegen solle, „keine irreversiblen baulichen Tatsachen geschaffen werden, die eine Umsetzung von Empfehlungen aus dem Stresstest unmöglich machen“.

+++17.20 Uhr+++ Nach der Ankündigung der Deutschen Bahn, nächste Woche die Bauarbeiten für Stuttgart 21 fortzuführen, erwartet die Polizei neuen Auftrieb für die Protestbewegung gegen das Bahnprojekt. „Wir rechnen mit einem Anfluten von Baustellenverkehr“, sagte ein Polizeisprecher am Freitag der Nachrichtenagentur dapd. Die Polizei stelle sich beispielsweise auf Blockaden an der Baustelle ein. „Je nach Anzahl der Demonstranten müssen wir auch Aufstocken“, sagte der Sprecher. Es gebe aber weder einen Urlaubsstopp, noch seien die Beamten in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die Heftigkeit der Proteste hänge auch mit der Art der Bautätigkeit der Bahn zusammen. Wenn sie mit schwerem Gerät auffahre, werde sie auch auf mehr Widerstand stoßen, erwartet der Sprecher.

+++17.07 Uhr+++ Die Bahn nimmt die Bauarbeiten am Dienstag (14. Juni) wieder auf. Das kündigte das Kommunikationsbüro am Freitag an. Den Angaben zufolge sollen die Arbeiten zunächst für das geplante Technikgebäude am Nordflügel fortgesetzt werden. Über weitere Schritte soll am Mittwoch informiert werden.

+++15.47 Uhr+++ Ein Gutachten im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums (PDF) kommt zu dem Schluss, dass der Bahn für den Bau des Grundwassermanagements des geplanten Tiefbahnhofs die rechtliche Grundlage fehlt. Die Bahn hatte nachträglich beim Eisenbahnbundesamt beantragt, dafür etwa doppelt so viel Grundwasser entnehmen zu dürfen wie ursprünglich geplant. Das Vorhaben der Bahn führe zu „erheblich veränderten Auswirkungen auf den Wasserhaushalt“, heißt es in dem Gutachten eines Berliner Anwaltsbüros wörtlich. Deswegen müsse auch die Frage der Baugenehmigung neu aufgeworfen werden, schreiben die Gutachter. Auch Baumaßnahmen, die von der geplanten Änderung nicht unmittelbar betroffen sind, dürfen ihrer Ansicht nach nicht realisiert werden. Diese seien nur im Hinblick auf die Realisierung des Gesamtvorhabens zugelassen. Bis zur Genehmigung einer Änderung könne sich die Bahn unter den Bedingungen nicht mehr auf den alten Planfeststellungsbeschluss beziehen. Dennoch durchgeführte Bauarbeiten erlauben und erfordern laut Gutachtern sogar ein Einschreiten der zuständigen Behörde - in diesem Fall dem Eisenbahnbundesamt.

+++14.46 Uhr+++ CDU-Fraktionschef Peter Hauk begrüßte Fortsetzung der Stuttgart-21-Bauarbeiten, übte aber zugleich harsche Kritik am Verhandlungsverhalten der grün-roten Landesregierung. Nicht die Bahn sei im Lenkungskreis hart geblieben, sondern die Regierung habe sich nicht kompromissbereit gezeigt, sagte Hauk am Freitag in Stuttgart. Mit Blick auf den grünen Verkehrsminister und S-21-Gegner Winfried Hermann sagte Hauk: „Er missbraucht dieses Amt für seine persönlichen Wünsche.“ Nun sollten Schlichterspruch und Stresstest umgesetzt werden, ohne unwiderrufbare Baumaßnahmen in Angriff zu nehmen. Hauk vermutete, dass die Demonstrationen bei Wiederaufnahme der Bauarbeiten am Dienstag nicht eskalieren werden. Sollte es doch zu heftigen Protesten kommen, stärke dies eher das Lager der Befürworter als das der Gegner, sagte Hauk.

+++13.08+++ Die BUND-Landesvorsitzende und Stuttgart 21-Gegnerin Brigitte Dahlbender mit verstärkten Protesten. „Der friedliche und kreative Protest wird weitergehen, zudem erwarte ich, dass die Teilnehmerzahlen wieder zunehmen“, sagte Dahlbender der Nachrichtenagentur dapd am Freitag in Stuttgart. Harsche Vorwürfe richtete Dahlbender an die Bahn. Es sei „empörend“, dass der Konzern seine Behauptung aufrecht erhalten habe, dass ein Baustopp bis zum Herbst 410 Millionen Euro koste, dies aber nicht belegt habe. „Das zeigt, dass die Bahn nichts gelernt hat aus der Schlichtung und den Protesten“, sagte sie. Dahlbender kündigte an, dass der Protest weitergehen werde, bis die Bahn belegt habe, dass das Projekt funktioniere. Der Stresstest ist den Gegnern jedoch nicht transparent genug.

Erst wenn Experten die Grundannahmen und Ergebnisse der Simulation zur Leistungsfähigkeit des Bahnhofs für ausreichend bewertet hätten, könnte der Stresstest akzeptiert werden. Kritik übte Dahlbender auch an Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU). Vor kurzem war bekannt geworden, dass die Bahn doppelt soviel Grundwasser abpumpen muss, wie ursprünglich geplant. Umweltschützer sehen dadurch die Mineralwasserquellen der Stadt gefährdet. Schuster hatte stets bekräftigt, dass Stuttgart 21 nur kommen dürfe, wenn die Mineralwasserquellen sicher seien. Dahlbender monierte, dass es angesichts der neuen Zahlen zu dem abzupumpenden Wasser noch zu viele offene Fragen gebe. Sie erwarte von Schuster vor diesem Hintergrund, wenn er es ernst meine, sich für einen völligen Baustopp einzusetzen.

+++12.25 Uhr+++ Der Baustopp wird nicht verlängert: „Wir wollen nächste Woche die Bautätigkeiten hochfahren“, sagte Bahntechnikvorstand Volker Kefer am Freitag nach der Sitzung der Projektträger des Milliardenvorhabens in Stuttgart. Die Bauarbeiten hatten seit gut zwei Monaten geruht. Es solle aber vermieden werden, dass die Bagger „martialisch“ vorfahren. „Wir wollen nicht bewusst auf der Baustelle eskalieren“, fügte der Bahnmanager hinzu und versprach, sein Konzern werde über Details am kommenden Montag informieren.

+++12.11 Uhr+++ Nach der Entscheidung für einen Weiterbau des umstrittenen Bahnprojekts „Stuttgart 21“ hat Projektsprecher Wolfgang Dietrich ein Vorgehen mit Augenmaß zugesichert. Die Bahn werde bis zum Ende des Stresstests keine Fakten schaffen, die in irgendeiner Form unumkehrbar seien, sagte Dietrich am Freitag der Nachrichtenagentur dapd in Stuttgart. Der Stresstest, der bis Mitte Juli die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs nachweisen soll, werde durch die Bauarbeiten nicht konterkariert.

 +++11.56 Uhr+++ Die Deutsche Bahn will Stuttgart 21 nach einer zweimonatigen Unterbrechung weiterbauen. „Damit ist klar, dass wir in der kommenden Woche anfangen“, sagte Bahn-Vorstand Volker Kefer am Freitag in Stuttgart nach einer Sitzung des Lenkungsausschusses von Bahn und baden-württembergischer Landesregierung. Das Land habe keinen Baustopp beantragt und sei nicht auf einen Kompromissvorschlag eingegangen, bis zur Vorlage des Belastungstestes zu warten. Die Bahn lege Wert darauf, keine unumkehrbaren Fakten schaffen zu wollen. Das Projekt werde langsam wieder hochgefahren. Landesverkehrsminister Winfried Hermann äußerte Unverständnis. „Es ist einfach nicht nachvollziehbar, dass die Bahn den Druck so erhöht hat“, sagte der Grünen-Politiker. Die Bahn habe pro Monat Verzögerung 56 Millionen Euro verlangt. Dazu kämen 30 Millionen Verzugszinsen an die Stadt Stuttgart. Eine Aussetzung der Bauarbeiten bis zur geplanten Volksabstimmung im Oktober würde über 400 Millionen Euro kosten. Frühere Berechnungen seien von 150 Millionen Euro ausgegangen.

+++11.33 Uhr+++ Im Streit um die Verlängerung des Stuttgart 21-Baustopps hat der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Bahn erhoben. Hermann sagte am Freitag nach einer außerordentlichen Sitzung des Lenkungskreises in Stuttgart, man habe sich in „zentralen Fragen“ nicht geeinigt. Die Bahn habe nicht nachgewiesen, welche Kosten ihr durch eine Verlängerung des Bau- und Vergabestopps tatsächlich entstünden. „Die Bahn hat auf relativ wenig Papier und relativ unpräzise immense Kosten vorgerechnet“, sagte er. Das Unternehmen habe 56 Millionen Euro pro Monat sowie 33 Millionen Euro Verzugskosten geltend gemacht. Bei einem Baustopp bis zu einem Volksentscheid im Herbst komme die Bahn auf 400 Millionen Euro. Hermann sagte: „Wir haben Belege verlangt und haben sie nicht bekommen.“ Die Landesregierung könne „nie und nimmer“ auf Grundlage der von der Bahn zur Verfügung gestellten Unterlagen ins Kabinett oder in den Landtag gehen. Infrastrukturvorstand Volker Kefer entgegnete: „Wir haben unsere Zahlen genannt.“ Da der Antrag auf Baustopp nicht gestellt worden sei, müsse man auch nicht über Kosten weiter diskutieren. Er kündigte an, die Bahn werde die Bautätigkeiten in der kommenden Woche wieder „hochfahren“. Dies klinge vielleicht hart, aber er müsse betonen, dass die Bahn dem Land im vergangenen Jahr drei Mal entgegengekommen sei.

+++10.14 Uhr+++ Zum Auftakt der Sitzung des Lenkungskreises für das Bahnprojekt Stuttgart 21 haben drei Dutzend Gegner für ein Aus des Vorhabens demonstriert. Sie machten am Freitagmorgen vor dem Staatsministerium in Stuttgart auf eine mögliche Gefährdung der Mineralwasservorkommen durch den geplanten Tiefbahnhof aufmerksam. Außerdem kritisierten sie das geplante Grundwassermanagement, bei dem ein 17 Kilometer langes Rohrleitungssystem in der Innenstadt verlegt werden soll, um den Grundwasserspiegel im Gleichgewicht zu halten.