Das Milliardengeschäft mit der sexuellen Ausbeutung von Frauen explodiert. Die Polizei registriert in Karlsruhe eine Verdoppelung der Prostitution binnen eines Jahres. Dort sucht jetzt die Diakonie nach neuen Handlungsansätzen.

Das Milliardengeschäft mit der sexuellen Ausbeutung von Frauen explodiert. Die Polizei registriert in Karlsruhe eine Verdoppelung der Prostitution binnen eines Jahres. Dort sucht jetzt die Diakonie nach neuen Handlungsansätzen.

 

Karlsruhe - Angesichts rasant steigender Zahlen von Prostituierten fordert das Diakonische Werk der evangelischen Kirche dringend einen besseren Schutz der betroffenen Frauen. „Wir haben es mit einem Markt zu tun, der explodiert“, sagte die Referatsleiterin der Diakonie Baden, Ingrid Reutemann, vor einer Tagung am Dienstag in Karlsruhe. „Das ist inzwischen in einem Bereich von etwa 15 Milliarden Euro im Jahr in Deutschland.“ Dringend erforderlich sei eine Weiterentwicklung des zwölf Jahre alten Prostitutionsgesetzes. Die Tagung wolle dafür neue Handlungsansätze entwickeln.

Allein in Karlsruhe hat sich die Zahl der gemeldeten Prostituierten innerhalb eines Jahres auf 700 verdoppelt, wie die dort erscheinende Zeitung „Badische Neueste Nachrichten“ berichtete. In Stuttgart, Heidelberg oder Mannheim sei die Entwicklung ähnlich, sagte der stellvertretende Leiter der Karlsruher Kriminalpolizei, Gerhard Heck, der Nachrichtenagentur dpa. „Wir wissen, dass die Frauen erheblichem Druck ausgesetzt sind und zum Teil sehr übel ausgebeutet werden.“

Die Situation sei unerträglich geworden, sagte Reutemann. Es gebe eine verbreitete „Armutsprostitution, da immer mehr Menschen kommen, die aus wirtschaftlicher Not keine andere Möglichkeit mehr für sich sehen“.

Ein Verbot der Prostitution sei keine Lösung

Die für Frauen und Sozialarbeit zuständige Referatsleiterin sprach sich gegen ein Verbot der Prostitution aus, wie es die Feministin Alice Schwarzer mit ihrer Kampagne anstrebt. Ein Verbot sei keine Lösung. „Es ist eine jahrhundertealte Erfahrung, dass man Prostitution nicht verbieten kann.“ Wenn das Geschäft mit dem Sex nur noch im Untergrund stattfinde, würden die Frauen in einen Bereich gedrängt, in dem gar kein Schutz mehr möglich sei. „Dann rutscht die Prostitution völlig in ein kriminelles Milieu ab.“

Reutemann hält es für denkbar, dass das Gewerberecht Möglichkeiten für eine bessere Sicherung von Prostituierten bieten könnte. Da gebe es verschiedene Vorstellungen, etwa die verbindliche Anmeldung für ein Prostitutionsgewerbe. „Allerdings sind wir da noch auf der Suche.“

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD für die Regierungsbildung in Berlin stellt eine umfassende Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes in Aussicht. „Wir wollen Frauen vor Menschenhandel und Zwangsprostitution besser schützen und die Täter konsequenter bestrafen“, heißt es in der Vereinbarung.

An der Tagung in Karlsruhe nehmen auch Vertreter von Hilfseinrichtungen für Prostituierte teil. Neben der Prostitution gehören auch Menschenhandel und Arbeitsausbeutung zu den Themen der Tagung.