Der Auftrag zum Bau von Tankflugzeugen für die US-Luftwaffe geht an Boeing. Der europäische Konkurrent EADS hat damit das Nachsehen.

Washington - Am Ende hat doch der Haus- und Hoflieferant der US Air Force gewonnen: Boeing hat sich den "Jahrhundert-Auftrag" für 179 Tankflugzeuge gesichert. "Boeing war der klare Sieger", sagte der stellvertretende US-Verteidigungsminister William Lynn am späten Donnerstagabend im Pentagon. Damit geht der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS bei dem 35 Milliarden Dollar (26 Millarden Euro) schweren Geschäft leer aus. Die Kampfkraft, der Anschaffungspreis sowie die Wartungs- und Betriebskosten hätten für das Boeing-Modell gesprochen, erläuterte Lynn.

EADS steht es nun offen, einen förmlichen Protest einzulegen. "Das ist zweifellos eine enttäuschende Entwicklung", erklärte Ralph Crosby, Vorstand von EADS Nordamerika. "Wir sehen der Diskussion mit der US-Luftwaffe über die Gründe für diesen Entschluss mit Interesse entgegen". Der stellvertretende Verteidigungsminister warnte aber bereits: "Wir haben einen klaren und offenen Bieterprozess gestartet. Das schafft keine Basis für Proteste."

Es war bereits der dritte Anlauf zur Vergabe des Megageschäfts. Einmal hatte Boeing gewonnen, einmal EADS. Nach Fehlern bei der Auftragsvergabe schrieb die Regierung den Superdeal immer wieder neu aus. "Wir haben uns die Zeit genommen, die richtige Entscheidung zu treffen", sagte Luftwaffen-Staatssekretär Michael Donley.

Es geht um viel Geld: Mit Folgeaufträgen könnte das Geschäft auf 100 Milliarden Dollar anwachsen. Die Boeing-Aktie sprang nachbörslich vier Prozent nach oben. "Wir fühlen uns geehrt, das nächste Tankflugzeug für die Air Force liefern zu dürfen", sagte Boeing-Chef Jim McNerney. Die Luftwaffe habe sich für ein amerikanisches Flugzeug entschieden, erklärte er. Das sichere und schaffe 50.000 Arbeitsplätze im ganzen Land.

Der lukrative US-Markt bleibt für EADS verschlossen


Die Maschine wird unter der Bezeichnung KC-46A laufen. Der US-Hersteller hatte bereits den Vorgängertypen geliefert, die KC-135. Insgesamt muss die Air Force 534 Tanker und Frachtmaschinen ersetzen, die noch Präsident Dwight D. Eisenhower kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs angeschafft hatte. EADS hatte einen bereits bei anderen Luftwaffen erprobten Tankflieger auf Basis des Passagierjets Airbus A330 ins Rennen geschickt, Boeing konterte mit einer Neuentwicklung auf Basis der kleineren und älteren Verkehrsmaschine 767 und versprach günstigere Betriebskosten. Bis 2017 wird Boeing nun die ersten 18 Maschinen ausliefern.

Damit bleibt der lukrative US-Rüstungsmarkt für EADS weiterhin in großen Teilen verschlossen. EADS hatte, um den Zuschlag zu bekommen, sogar eigens ein Werk in Mobile im US-Bundesstaat Alabama bauen wollen und der wirtschaftlich eher schwachen Region 48.000 neue Arbeitsplätze versprochen. "Wir schulden ihnen eine gründliche Analyse", sagte Nordamerika-Vorstand Crosby an die Menschen gewandt. In den vergangenen Wochen hatten beide Kontrahenten mit Zeitungsanzeigen und Radiospots in Washington um die Gunst der Öffentlichkeit und der Politiker geworben. Republikaner aus dem Süden standen auf Seiten von EADS; Demokraten aus dem Westen unterstützten Boeing.

Im Werk Everett im US-Bundesstaat Washington sollen die Tankflieger gebaut werden. Die dortigen Politiker hatten bereits Widerstand für den Fall angekündigt, dass die Europäer gewinnen sollten. "Bei einem solch komplexen Programm wird unsere Bewertung der heutigen Entscheidung etwas Zeit in Anspruch nehmen", sagte EADS-Mann Crosby. Für das US-Militär drängt die Zeit: Denn immer mehr der alten Tankflieger müssen ausgemustert werden. Und der Nachfolger braucht so oder so noch Jahre bis er abhebt. Egal, wer ihn letztlich liefert.